Sanssouci
: Nachschlag

■ Blues im Brokat- Smoking: B.B. King beehrte Berlin

Lucille im Arm: B.B. King Foto: Detlev Schilke

„Let The Good Times Roll“ heißt seit Jahren das Motto, mit dem B.B. King seine Konzerte eröffnet. Damit spielte er sich und seine Gitarre Lucille auch am Samstag in der dunkel-kalten Arena warm, testete die Resonanz des Publikums. Nach welchen Kriterien der 70jährige, seit kurzem ergraute King danach den Programmablauf gestaltete, bleibt sein Geheimnis. Wiederholt hatte er, wie andere Jazz- und Blues-Musiker, behauptet, daß er kein Stück zweimal gleich spiele, daß jeder Titel sich jedesmal anders anhöre, wenn auch nur um eine Nuance.

Selbst wenn sein Auftritt Routine war, kam alles überzeugend: Hier sang einer über Erfahrungen. Manche Metapher klang zwar antiquiert, war vermutlich oft eher ironisch gemeint. Wenn King sang, schob er die langhalsige Lucille vom voluminösen Bauch unter den rechten Arm, betonte mit Mimik und Handbewegungen die ausdrucksstarken Passagen seiner Songs. „Niemand liebt mich außer meiner Mutter“ – kurze Pause zur Steigerung der Spannung –, „aber selbst sie könnte es nicht ehrlich meinen.“ King wiederholte diese Passage auf der Gitarre, entriß ihr die Vibratoklänge, die ihn seit vier Jahrzehnten zu einem der einflußreichsten Gitarristen der U-Musik machten.

Die meisten seiner Titel waren dramaturgisch aufgebaut wie kleine Couplets. Nach einer Stunde schickte er die drei Bläser in die Garderobe, King und die Rhythmusmusiker setzten sich auf harte Holzstühle, brachten Stücke im konventionellen Bluesstil, die eigentlich kein Blues sind. „Rock Me Baby“ eben, oder „Ich hab 'nen süßen kleinen Engel und ich liebe es, wie sie ihre Flügel breitmacht“, uralte Hits aus seinem Repertoire, die Melodien längst zu Ohrwürmern geworden. Riesenapplaus bei der Rückkehr der Bläser und den ersten Tönen seines Pop-Hits „The Thrill Is Gone“. Blues im goldblauen Brokat-Smoking, das war Entertainment im besten Sinne. Nach knapp zwei Stunden verteilte King vom Bühnenrand gitarrenförmige Anstecknadeln, gab Autogramme und schüttelte Hände: Die Publikumsnähe war ihm seit je wichtig. Als Zugabe schließlich sein letzter Hit, „When Love Comes To Town“, noch eine zweite Runde Händeschütteln... und dann ging plötzlich das Saallicht an. 4.000 zufrieden aussehende Besucher verließen die Arena. Norbert Hess