In der SPD wächst Kritik an Tornado-Beschluß

■ Duve: Blauhelmen in Bosnien darf militärischer Schutz nicht verweigert werden

Bonn (taz) – Auch der SPD- Bundestagsabgeordnete Freimut Duve hat die Entscheidung des Parteivorstandes gegen Einsätze deutscher Kampfflugzeuge in Ex- Jugoslawien kritisiert. Duve bezeichnete es als eklatanten Widerspruch, daß seine Partei einerseits immer wieder die Anwesenheit von Blauhelmen in Bosnien befürworte, auf der anderen Seite den UN-Soldaten Schutz aber verweigere. „Das geht moralisch und politisch nicht“, sagte der Abgeordnete gegenüber der taz.

Am Vortag der heutigen Debatte der SPD-Fraktion zum Thema kündigte Duve an, er werde sich im Bundestag einem möglichen Fraktionszwang nicht beugen. Die Gefahr einer Eskalation durch den Einsatz deutscher Kampfflugzeuge verneinte er. Da die serbischen Medien die deutschen Verbrechen des Weltkriegs seit Jahren für Propagandazwecke instrumentalisierten, könne die Bereitstellung von Tornados die antideutsche Stimmung kaum mehr steigern.

SPD-Chef Rudolf Scharping erwartet, daß eine breite Mehrheit in der Fraktion die Entscheidung gutheißt, nur logistische Hilfe und ein Lazarett für die UN bereitzustellen. Gegen sich hat Scharping eine selten heterogene Truppe quer durch alle Parteilager. Zu ihr gehören neben Außen- und Sicherheitspolitikern unter anderem Gerd Andres vom konservativen Seeheimer Kreis, der engagierte Rüstungskritiker Norbert Gansel sowie Bundestagsvizepräsident Hans-Ulrich Klose. Gansel und der Außenpolitiker Karsten Voigt waren im Vorstand überstimmt worden. Auch IG-Chemie-Chef Hermann Rappe kündigte an, gegen die Vorstandslinie zu stimmen.

Daß sich die „Pazifisten“ um Oskar Lafontaine und Heidemarie Wieczorek-Zeul durchsetzen konnten, hatte nicht nur Parteifreunde überrascht. Ähnlich wie bei den Grünen spielten auch bei der SPD innenpolitische Überlegungen eine Rolle. Die Oppositionsstrategen wollen sich von der Regierung nicht treiben lassen. Sie fürchten, durch eine Zustimmung für die Folgen der Bonner Außenpolitik in Mithaftung genommen zu werden.

Die Koalition wirft der SPD nun vor, sie isoliere sich im Ausland und zeige sich nicht regierungsfähig. Die Absage an die Tornados nannte CDU-Generalsekretär Hintze ein „moralisches Armutszeugnis“. Einen völligen Schwenk gegenüber der bisherigen SPD-Linie hat der Parteivorstand vergangene Woche aber nicht vollzogen. Der Beschluß bezieht sich nur auf die Entsendung der internationalen Eingreiftruppe und berührt die Frage eines deutschen Tornado- Einsatzes im Falle eines Unprofor- Abzugs nicht. Scharping vermied bewußt eine Festlegung für diesen Fall. Hans Monath