Randständig, abwegig und unbedacht

■ Aus den Berliner Obdachlosenzeitungen „mob“ und „Haz“ wurde die „motz“

Sie soll ein „Bündnis von Träumern und Engagierten“ werden, die neue Obdachlosenzeitung motz. Die Nullnummer mit dem Titel „randständig, abwegig, unbedacht“ ist letzten Donnerstag erschienen. So richtig neu ist sie aber nicht. Denn die im März vergangenen Jahres gegründeten Obdachlosenzeitungen Haz und mob haben sich nach einer Zeit des Neben- und Gegeneinanders und der Auseinandersetzungen zwischen Redaktion, Verkäufern und Herausgebern zusammengetan. Das Beste der ersten beiden Berliner „Pennerzeitungen“ soll erhalten und fortgesetzt werden, schreibt Herausgeberin Sonja Kemnitz im Editorial.

Die Journalistin, die das Ende der „blockierenden und kräftezehrenden Konkurrenz“ begrüßt, hat mob mit aufgebaut und war zuletzt Chefredakteurin der Haz, die von der französischen Obdachlosenzeitung Le Réverbère (Die Straßenlaterne) initiiert und finanziert wurde. Mitte Mai kündigte sie dem französischen Herausgeber wegen „unzumutbarer Arbeitsbedingungen“ und „unüberbrückbarer inhaltlich-konzeptioneller Differenzen“. Trotz stabiler Verkaufszahlen seien weder die notwendigen Redaktionsräume noch das angekündigte soziale Projekt verwirklicht worden. Der Herausgeber habe die Zielsetzung der Redaktion, Obdachlosigkeit über die Betroffenheitsdarstellung hinaus ins Blatt zu bringen, nicht geteilt, so motz-Redakteur Christian Linde.

Mit motz, mit der es jetzt neben der Platte und Zeitdruck nur noch drei Obdachlosenzeitungen in Berlin gibt, soll ohne Zeitdruck, mit entsprechendem Know-how sowie mit Transparenz und Mitspracherecht das verwirklicht werden, was mob und Haz nicht geschafft haben. Durch die Einrichtung von Wohnräumen für Obdachlose in den ehemaligen Redaktionsräumen von mob in der Kleinen Hamburger Straße soll ein richtiges Selbsthilfeprojekt geschaffen werden. Und das geht nicht ohne Geld.

Das neue „Armenjournal“, dessen Gemeinnützigkeit beantragt ist, will deshalb sowohl die „Sicht von Ausgegrenzten“ veröffentlichen als auch Überschüsse erwirtschaften. Diese sollen dann in die öffentlichen Redaktionsräume oder in das Wohnprojekt fließen. Barbara Bollwahn

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