Zoff bei „mob“

■ Verkäufer des Obdachlosenmagazins „mob“ fordern mehr Mitspracherecht / Besetztes Redaktionsbüro gestern geräumt

„Wir fühlen uns ausgenutzt und verkohlt“, faßte der Obdachlose „Hamburger“ die Stimmung der etwa zwanzig anwesenden Obdachlosen zusammen. Nachdem sie am Montag die Redaktionsräume von mob, dem Straßenmagazin von und für Obdachlose in der Kleinen Hamburger Straße besetzt hatten, organisierten die Zeitungsverkäufer gestern eine Pressekonferenz in den Räumen des Neuen Forums am Rosa-Luxemburg-Platz. Die Obdachlosen, die seit März das Magazin auf der Straße verkaufen, hatten die Redaktionsräume besetzt, um „Transparenz und Mitspracherecht beim willkürlichen Pressemanagement durchzusetzen“.

Die Berliner Initiative gegen Wohnungsnot (BIN e.V.), Herausgeber des Magazins, ließ die Redaktionsräume gestern morgen von der Polizei räumen. „Das ist uns nicht leichtgefallen“, so Hermann Pfahler von BIN, „doch wir hatten Sorge, daß da Gelder wegkommen.“

Auslöser für die Besetzung war die Entlassung von Sonja Kemnitz, einer der drei mob-RedakteurInnen, am letzten Freitag. Hermann Pfahler wollte sich gestern nicht zu den näheren Gründen der Entlassung von Kemnitz äußern. „Da wurde jemand rausgeschmissen, ohne daß wir informiert wurden, geschweige denn ein Mitspracherecht hatten“, beschwerte sich „Hamburger“. Das ist genau der Punkt, um den es den obdachlosen Zeitungsverkäufern geht. Fragen der Finanzierung, Personalpolitik und Organisation seien nur hinter verschlossener Tür besprochen worden. „Wir haben nie erfahren, was mit dem Geld passiert, das wir abgeliefert haben.“ Die Verkäufer, die die Hälfte des Verkaufspreises von zwei Mark behalten können, hätten nicht einmal erfahren, wie viele Zeitungen verkauft wurden. „Es gab immer nur Druck. Ihr müßt verkaufen, verkaufen, verkaufen.“ Eigentlich, so die Besetzer, seien sie davon ausgegangen, daß mob eine Zeitung von Obdachlosen sei mit professioneller redaktioneller Unterstützung. Doch „wir haben immer nur die fertige Zeitung hingeknallt bekommen“. Jetzt wollen sie allein, am liebsten mit der entlassenen Sonja Kemnitz, eine Obdachlosenzeitung machen, die den Namen auch verdient. Dazu suche man jedoch einen Sponsor.

Lars Fischer, Geschäftsführer und Redakteur von mob, wollte sich gestern zu den Vorwürfen der Verkäufer noch nicht äußern. Allerdings habe es „eine totale Verweigerung der Kommunikation seitens der Besetzer“ gegeben. Die Redaktion sei in der „heißen Produktionsphase kalt erwischt worden“ und nun ziemlich ratlos. „Jetzt werden wir uns zunächst bemühen, den Kontakt mit den Betroffenen wieder herzustellen.“

Hermann Pfahler hingegen wies die Vorwürfe der Zeitungsverkäufer zurück. Immer wieder habe man offene Redaktionskonferenzen gemacht, doch „gerade die Leute, die lauthals geschrien haben, sind nie gekommen, um mit uns zu reden“. Man sei aber weiterhin bereit, mit den Verkäufern zu sprechen. Judith Gampl