Semesterticket kommt und kommt und kommt

■ Studenten sollen über HVV-Fahrkarte abstimmen / Sechs Monate fahren für 178 Mark / Begleitende Verkehrsberuhigung gefordert

abstimmen / Sechs Monate fahren für 178 Mark / Begleitende Verkehrsberuhigung gefordert

Hamburgs StudentInnen werden Ende Juni wieder einmal zu den Urnen gerufen. Zur Abstimmung steht diesmal ein Verkehrskonzept, das der neu gewählte grüne Asta ausgeknobelt hat: so schnell wie möglich ein HVV-Semester-Ticket für alle Studierenden zum Selbstkostenpreis von 178 Mark. Im Gegenzug soll die Stadt im Uni-Viertel verkehrsberuhigende Maßnahmen umsetzen und der HVV zusätzliche

1Haltestellen und eine Ringbuslinie installieren.

Doch der Streit um dieses Ticket, das obligatorisch mit dem Semesterbeitrag abkassiert werden soll, ist zwei Jahre alt. Die Sache hat mindestens einen Haken: Das Angebot des HVV, der einfach die Einnahmen der jetzigen studentischen HVV-Nutzer durch die Zahl der Studenten teilte, sei viel zu teuer, befand der alte Asta. 84

1Mark, nicht 178 Mark, seien akzeptabel, ergab eine frühere Umfrage unter den Hamburger Kommilitonen. Die Verhandlungen zwischen Baubehörde, Wissenschaftsbehörde, HVV und Asta drehten sich im Kreis. Der HVV darf die Karte nicht billiger machen. Einzig durch ein Sponsoring der Stadt wäre ein niedrigeres Angebot denkbar.

„Wir sagen, wir verzichten auf eine staatliche Subventionierung,

1dafür fordern wir ein Maßnahmepaket“, sagt Asta-Öko-Referent Falk Hocquel. Studenten, die nur Fahrrad oder Füße benutzen (laut Umfrage 30 Prozent), sollen sich per Antrag vom Ticketzwang befreien können. Vorschlag des Asta: Sie müssen nachweisen, daß sie im Monat nach Abzug von Miete, Krankenkasse und anderen Verpflichtungen weniger als 400 Mark übrig haben. Die so beim HVV entstehenden Defizite sollen durch einen Sozialfonds gedeckt werden, den wiederum die Stadt finanziert.

Doch da wäre noch ein zweiter Haken: Von Fahrpreiserhöhungen bleibt natürlich die studentische Klientel nicht verschont. Während an der Uni gestritten wurde, sind die Fahrpreise um 5,8 Prozent geklettert. Inzwischen, so erklärte HVV-Vizechef Leopold dem Asta beim jüngsten Verhandlungsgespräch am Mittwoch, müßte das Ticket 188 Mark kosten.

Haken Nummer drei: Schon jetzt hagelt es Kritik seitens der Fachschaftsräte. Die Verkehrswende im Uni-Viertel dürfe nicht durch Zwangsbeiträge von Studierenden finanziert werden. Nicht alle seien in der Lage, mal eben 229 Mark hinzublättern (Ticket plus 51 Mark Semesterbeitrag). 178 Mark seien „kein Kompromiß, sondern schlicht Unterwerfung“. Was sind dann erst 188 Mark?

Doch die grünen Hochschulpolitiker werden nicht umsonst Realos geschimpft. Mit einer Million, so rechnete Hocquel nach, könnte die Stadt für ein Jahr das 178-Mark- Ticket subventionieren. Plus je einer halben Million für Sozialfonds und Verkehrsberuhigung wäre Hamburg mit rund zwei Millionen Mark dabei. Die Bürgerschaft hatte bereits im April dem Ticket zugestimmt. Ein Ergänzungsantrag vielleicht noch vor der Sommerpause?

Da wäre Haken Nummer vier: Die Immatrikulationsunterlagen für das Wintersemester sind bereits versendet. Das Studentenwerk weigert sich, die 60 000fache Verschickung zu wiederholen. Wenn es das Ticket zum Sommersemester '94 geben soll, müssen Studenten, HVV und Bürgerschaft (welche?) sich bis Oktober einigen. Falk Hocquel ist optimistisch, daß das Gros der Studenten die Kritik der Fachschaftsräte nicht teilt: „30 Mark im Monat, das ist einfach so günstig. Da ist bestimmt nur eine Minderheit wirklich dagegen.“ Kaija Kutter