NPD-Mann wegen versuchtem Mord vor Gericht

■ Prozeß gegen 13 Angeklagte, die ein Asylheim in Mecklenburg überfielen

Schwerin (dpa/taz) – Versuchten Mord an Asylbewerbern hat die Staatsanwaltschaft 13 Angeklagten vor der Jugendkammer des Schweriner Landgerichtes vorgeworfen. Die 14- bis 28jährigen, unter ihnen der frühere Hagenower NPD-Kreischef Rüdiger Klasen (25), müssen sich wegen des Überfalls auf das Asylbewerberheim Bahlen/Boizenburg (Mecklenburg-Vorpommern) am 31. Juli 1992 verantworten. Sie hätten versucht, „aus niedrigen Beweggründen heimtückisch Menschen zu töten“, lautete der Anklagevorwurf am Mittwoch weiter. Den fremdenfeindlichen Angriff habe Klasen gemeinsam mit dem schleswig- holsteinischen NPD-Vizechef Heinrich Förster, der gesondert angeklagt wird, geplant und organisiert. Als Motiv wurde Ausländerhaß genannt.

Der Vorwurf lautete zudem auf versuchte schwere Brandstiftung, schweren Landfriedensbruch und Verstoß gegen das Waffengesetz. Förster und Klasen hätten am Überfall selbst nicht teilgenommen, so die Anklage. Auf Anweisung Klasens seien die Mitangeklagten und weitere Gewalttäter bewaffnet mit Molotow-Cocktails, Messern, Schlagstöcken und Schreckschußpistolen zum Asylheim gezogen. Fünf jüngere Jugendliche sollten als Vorhut durch „Randalieren“ und „lautes Rufen“ Asylbewerber aus dem Heim locken. Diese sollten „überfallen und mißhandelt werden“, so die Anklagevertreter. Kurz darauf habe der „Sturm“ auf das Heim begonnen. Gezielt seien Brandflaschen geworfen worden. Verletzt wurde damals niemand. Eine Bewohnerin mußte wegen eines Schocks notärztlich versorgt werden.

Mehr als vier Stunden lang wurde Klasen gestern zur Person vernommen. Der gelernte Finanzkaufmann, der vor seiner Verhaftung als Ortsjugendpfleger im mecklenburgischen Brahlstorf gearbeitet hatte, bekam nach eigener Aussage über einen Bekannten aus dem Westen Kontakt zur rechtsextremen NPD. Zuvor habe es für ihn „enttäuschende“ Kontakte zum Neuen Forum, CDU und FDP gegeben. Förster, Beauftragter für den Aufbau der NPD in Mecklenburg-Vorpommern, habe ihn schließlich dazu gebracht, als NPD-Kreischef die „Hand- und Fußarbeit zu leisten“. Anfang 1993 sei er aus der NPD ausgetreten, gab Klasen auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Gerd Reimers an.

Die Hauptrolle bei der Durchführung von NPD-Veranstaltungen lag nach Klasens Angaben in den Händen Försters. „Er hatte ein großzügiges Portemonnaie“, so Klasen. Auch andere „Hilfen“ kamen aus dem Westen. So hat nach Klasens Aussage der Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Rieger ihm ein Darlehen zum Kauf eines Hauses in Mecklenburg vermittelt. Den 60.000-Mark-Kredit habe ihm die sogenannte „Gesellschaft für Eugenik und Verhaltensforschung“ gewährt.