»Die dritte Olympiade ist zuviel«

■ Was internationale Journalisten zu Olympia in Berlin meinen/ Moskau-Bär war sympathischer

Mitte. »Olympia 2000« in Berlin — ja oder nein? Die taz befragte internationale Journalisten am Rande der IOC-Konferenz:

Bruce Baskett, 'News Limited‘, Australien: »Nur einmal in der olympischen Geschichte fanden die Spiele in der südlichen Hemisphäre statt. Das war 1956 in Melbourne. Ansonsten wechselten die Austragungsorte ständig zwischen Amerika und Europa. Die halbe Welt bleibt dabei außen vor. Ich als Australier plädiere natürlich für Sidney.«

Nicole Martiche, 'afp‘, Frankreich: »Der Pariser Bürgermeister Jacques Chirac unterstützt die Kandidatur Berlins für den Fall, daß Paris 1998 die Fußballweltmeisterschaft austragen darf. Ich würde mich freuen, wenn es so kommt. Sidney ist einfach zu weit weg.«

Jaap Visser, 'De Volkskrant‘, Niederlande: »Die Spiele würden Berlin gut tun. Aber falls die Protestbewegung stärker wird, könnte die Wahl auf eine andere Stadt fallen. Wie damals im Falle von Amsterdam, das sich für die Olympiade von 1992 beworben hatte. Das Ganze war ein Desaster: Holländische Demonstranten zogen schließlich nach Lausanne, wo die endgültige Entscheidung gefällt werden sollte. Dort kam es dann zu Ausschreitungen. Kein Wunder, daß sich das IOC darauf lieber für Barcelona entschieden hat.«

Reet Truut, Journalistin, Estland: »Gerade die baltischen Republiken würden sich über eine Olympiade in Berlin besonders freuen. Denn als unabhängige Staaten haben wir zuletzt im Jahr 1936 teilgenommen.«

Konstantin Sawwin, 'Tass‘, UdSSR: »Ich würde eine Olympiade in Berlin begrüßen. Berlin sollte eine Brückenfunktion zwischen Ost und West wahrnehmen. Bei den olympischen Spielen von 1980 in Moskau gab es übrigens schon einmal einen Bären als Olympia-Maskottchen. Der hieß Mischa und wirkte sehr viel sympathischer als der jetzige Berliner Olympia-Bär.«

Hiroshi Takeuchi, 'Kyodo News Service‘, Japan: »Olympia 2000 in Berlin ist einfach viel zuviel. Nach 1936 in Berlin und 1972 in München wäre das die dritte deutsche Olympiade in 64 Jahren. Außerdem finde ich nicht gut, daß Berlin schon so früh mit seiner Werbekampagne startet.«

Luis Mauri, 'El Pais‘, Spanien: »Die Olympischen Spiele in Berlin — warum nicht? Die öffentlichen Proteste gegen die Bewerbung könnten sich natürlich noch negativ auswirken. Die Berlin-Olympiade von 1936 unter den Nazis ist Vergangenheit.«

Dezdo Vad, 'Nemzeti Sport‘, Ungarn: »Das wäre eine schöne Sache. Weil Berlin nicht allzu weit von Ungarn entfernt ist, könnten viele Ungarn zu den Spielen kommen, um ihre Sportler zu unterstützen. Den jetzigen Protesten gegen die Spiele kommt in meinen Augen keine Bedeutung zu, die habe ich bisher bei jeder IOC-Konferenz erlebt. Das gehört zur Demokratie. Das Logo hier (zeigt auf den Bär) finde ich viel zu abstrakt. Was soll das eigentlich darstellen?« Marc Fest