Warnzeichen

Zum Austritt eines AL-Funktionärs  ■ K O M M E N T A R E

Detlef Schulze ist in der Partei nicht so Prominent, daß sein Austritt die AL aufrühren wird. Man darf wohl eher annehmen, daß bei der Mehrheit der Aktivisten sein Schritt mit Wohlgefallen quittiert wird. Radikale Positionen sind, wie Schulze korrekt bemerkt, derzeit alles andere als mehrheitsfähig. Sie stören bloß das eh schon schwierige Regierungsgeschäft und den täglichen Kleinkrieg mit der widerspenstigen Bürokratie.

Ein Störenfried weniger also, und damit Schwamm drüber? Da würde es sich die AL zu einfach machen. Man braucht nicht Schulzes Positionen zu teilen, um anzuerkennen, daß er ein Unbehagen ausdrückt, was viele Mitglieder und Wähler bei Betrachtung der neuen Regierungspartei umtreibt. Gegenwärtig wird gehandelt - wenn man nicht Knüppel zwischen die Beine bekommt - und weniger reflektiert, was die Mitverantwortung für die Parteistrukturen bedeutet. Immer kritischer muß gesehen werden, daß die SPD auf eine Einbindung der Parteigremien in Senatsentscheidungen gedrungen hat, um das labile Koalitionsgemenge abzusichern. Das mag für den Senat vorteilhaft sein und die Gefahr von AL-Querschlägern verringern, für eine politische Partei aber ist dies auf Dauer nicht hinnehmbar. Jeder parteiinternen, strategischen Debatte muß unter solchen Voraussetzungen die Luft ausgehen. Zukunftskonzepte entstehen nie in einer Anbindung an die Regierungsverantwortung; da wird abgearbeitet, was an Substanz vorhanden ist. Für den Prozeß der inhaltlichen Weiterentwicklung braucht es Raum - und es sind alle Strömungen notwendig.

Gerd Nowakowski