Attacken der USA gegen Syrien

Washington wirft Damaskus die Unterstützung von terroritischen Gruppen vor. Doch die syrische Regierung ist in derletzten Zeit den Forderungen der USA nachgekommen. Auch die libanesische Hisbollah wird an der kurzen Leine gehalten

von KARIM-EL-GAWHARY

Vier Tage sind seit dem überraschenden israelischen Luftangriff auf eine palästinensische Basis 20 Kilometer von Damaskus entfernt vergangen, als Antwort auf einen blutigen Anschlag in Haifa am Sonntag, wie die israelische Regierung argumentiert. „Ich hätte es ihrer Stelle genauso getan“, lautete die Reaktion von US-Präsidenten George W. Bush.

Nun hat der auswärtige Ausschuss des US-Kongresses neue Sanktionen gegen Syrien gefordert. Die sollen jenseits der US-Sanktionen gelten, die bereits in Kraft sind, weil das Land auf der Liste der Staaten steht, die nach Meinung des US-Außenministeriums den Terror unterstützen. Syrien nehme nicht am Antiterrorkampf teil, lasse Terroristen über die irakische Grenze einsickern, unterstütze die Hisbollah und radikale Palästinensergruppen und müsse sich endlich aus dem benachbarten Libanon zurückziehen, forderten die Mitglieder des Ausschusses mit 33 zu 2 Stimmen. Der Antrag wird nun dem Kongress vorgelegt und wird dort wahrscheinlich eine Mehrheit erhalten.

Was aber soll mit dieser US-Politik erreicht werden? Trotz lauten Geschreis aus dem offiziellen Washington, Syrien habe nicht annährend genug unternommen, um den radikalen Palästinensergruppen und Hisbollah Einhalt zu gebieten, gab ein US-Diplomat in der Region unter der Hand unlängst zu, dass Syrien eigentlich alles getan habe, was vom ihm verlangt wurde.

Damaskus hatte sich vor wenigen Monaten nicht gegen den Nahost-Friedensplan (Roadmap) gestellt, sondern sich lediglich beschwert, aus dem Prozess ausgeschlossen zu sein. Der syrische Außenminister Faruq al-Scharaa hatte Vertreter der verschiedenen radikalen Palästinensergruppen, die in Damaskus ein Büro unterhielten, im Mai zu sich zitiert und ihnen diplomatisch erklärt, dass eine neue Situation entstanden sei und dass nun überlegt werden müsse, was zu unternehmen sei.

Die Gruppen verstanden den Wink mit dem Zaunpfahl. Sie schlossen ihre Büros „freiwillig“ und beendeten ihre Medienaktivitäten. Das Hamas-Büro wurde in eine private Wohnung umgewandelt. Die Mitglieder von Dschihad Islami, von denen viele US-Pässe besitzen, bewegten sich fortan immer zwischen Libanon und dem Golfemirat Katar hin und her. Die Palästinensische Volksbefreiungsfront – Generalkommando, der das vor vier Tagen bombardierte Camp gehörte, nannte gar die Road Map nützlich und sagte dem damaligen moderaten palästinensischen Ministerpräsidenten Abu Mazen Unterstützung zu. Andere Gruppen, wie die in Damaskus ansässige Demokratische Front zur Befreiung Palästina (DFLP), wurde bereits vor zwei Jahren offiziell von der US-Liste der Terrororganisationen genommen.

Was bleibt also übrig vom „Terrornest Damaskus“? Aus dem US-Außenministerium verlautete unlängst, man hätte Handygespräche von Dschihad-Mitgliedern in Damaskus aufgezeichnet, aus denen hervorgehe, dass von dort Terrorattacken in Israel koordiniert werden.

„Wir haben sie nach den angeblichen Tonbändern gefragt, aber sie weigern sich, diese zu veröffentlichen“, meinte ein russischer Diplomat in Damaskus dazu trocken. Inzwischen ist auch klar, dass das von Israel angegriffene Lager verlassen war.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Damaskus und Hisbollah im Libanon ist etwas komplizierter, als die US-Regierung zugibt. Wenn Syrien will, existiert Hisbollah am nächsten Tag nicht mehr, lautet das amerikanische Argument. Also der große Ausschalter in Damaskus? Politisch wäre es für die syrische Regierung schwierig, eine der in der arabischen Welt populärsten Organisationen frontal anzugehen. Hisbollah gilt zwischen Rabat und Bagdad als die Gruppe, die den Südlibanon befreit hat und der ganzen arabischen Welt ein wenig Würde zurückgegeben hat.

Tatsächlich begreift Syrien Hisbollah auch bis heute als eine Karte, mit der es gegen Israel vorgehen kann, wenn es, wie etwa jetzt, unter Druck gerät. Seit dem 11. September weiß Syrien aber, wie heikel das wäre. Daher hat die Regierung in Damaskus alles daran gesetzt, Hisbollah ruhig zu stellen. So ist es in den letzten Jahren an der libanesisch-israelischen Grenze weitgehend ruhig geblieben, wie übrigens an der syrisch-israelischen Grenze seit 30 Jahren. Es ist unrealistisch zu glauben, dass sich eine Organisation wie die Hisbollah gerade in dieser unfriedlichen Zeit einfach in Luft auflöst. Eine von Syrien zumindest teilweise unter Kontrolle gehaltene Hisbollah ist da wahrscheinlich berechenbarer als eine Organisation mit starkem Zulauf, die völlig nach eigenen Kalkulationen handelt.