taz-Thema der Woche

Christian Wulff ist immer noch Bundespräsident

■ betr.: „Bankenchefs machen Dampf …“, taz vom 28. 12. 11

Nach noch unbestätigten Meldungen haben Sympathisanten aus der Bankenszene jetzt ein Spendenkonto für Wulff eingerichtet. Von dem Geld sollen ca. 135 Spezialanwälte bezahlt werden, um den Bundespräsidenten rauszuhauen. Sigmar Gabriel hat bereits eine großzügige Spende im Namen der SPD fest zugesagt. Der Bundespräsident nimmt auch gerne Bargeld im Briefumschlag an. Einfach zusenden. Die Adresse dürfte bekannt sein. Auch eine Spendengala in der ARD ist geplant. Dort wird J. Ackermann das Lied singen „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ und damit Solidarität bekunden. FRANZ SCHART, Gelsenkirchen

■ betr.: „Unter Krähen“ von Bettina Gaus, taz vom 27. 12. 11

Danke, Bettina Gaus, für den Kommentar. Es ist beruhigend zu lesen, dass nicht „alle“ so sind wie die Wulffs und Co. (vgl. Kommentar des taz-Redakteurs Ulrich Schulte „Wulff: Neustart mit Tücken“, taz vom 23. 12. 2011).

Es sorgt mich schon lange, wie beschämend es um Geisteshaltung und Moral namhafter Politiker, Staatspräsidenten, Volksvertreter und vieler anderer Welten-Bürger steht.

Danke auch, dass Sie den Gutmenschen angeführt haben. Wie gut, dass es sie noch gibt! Bitte sterbt nicht aus, Gutmenschen-Spezies. Auf mich könnt ihr zählen.

MECHTILD LUTZE, Berlin

■ betr.: „Unter Krähen“, taz vom 27. 12. 11

„Das steht uns doch zu“, fasst nicht nur ein Normensystem derjenigen, die in diesem Land über Einfluss verfügen, in einem Satz zusammen. Seit den 70er Jahren markiert dieser Satz vielfältige Ansprüche. Bekannt sind mir beispielsweise das steuerbegünstigte häusliche Arbeitszimmer, die Woche bezahlter Bildungsurlaub abhängig Beschäftigter.

Honorarzahlungen an Beamte in Bund, Ländern und Kommunen bei Sachbeiträgen in öffentlichen Foren wurden in den 80ern Realität. Die Intendanz/das Management öffentlich rechtlicher Fernseh- und Rundfunkanstalten wird höher entlohnt als Deutschlands BundeskanzlerIn. Meine Frage an Frau Gaus: Sind wir inzwischen alle Krähen geworden? JENS J. ROSENKRANZ, Overath

■ betr.: „Schwamm drüber, okay?“, taz vom 24. 12. 11

Ihr habt Euch gewaltig im Ton vergriffen, und wenn der Artikel als Satire gedacht sein sollte, dann fehlt Eurem Autor jeglicher Humor. Wulff ist ein guter Präsident, und er kann ein Mindestmaß an Respekt verlangen. Natürlich kritisieren die Ultraorthodoxen einer Glaubensrichtung seine richtigen Äußerungen zum Islam, wobei es denen um die Verächtlichmachung und Abwertung des Nächsten geht. Dazu sind ihnen alle Medienmittel gegen einen Einzelnen recht, auch wenn sie dem Normalbürger so trotzdem nicht vermitteln können, dass es schlimm sein soll, jahrzehntealte Freundschaften zu pflegen. Bitte, auch wenn Weihnachten eine „Saure-Gurken-Zeit“ ist: Macht Euch doch nicht zu Handlangern der, nochmals, orthodoxen Truppe. Das ist nicht Euer Stil. ULRICH RÄTH, Norden

■ betr.: „Unter Krähen“, online-taz vom 26. 12. 11

Es ist ja so leicht, fast schon befreiend, Ihrer Analyse aus vollem Halse zuzustimmen. Woher bloß kommt diese „Das steht uns zu“-Mentalität der sogenannten Eliten? Könnte diese/r oder jene/r MedienfürstIn mit vernehmlichem „Ich auch!“ einen Beitrag geleistet haben?

Ihre Gabriel-Schelte will ich allerdings nicht teilen: Brutal darauf hinzuweisen, dass Wulff sein Gehalt (das ich, wenn es ein Weizsäcker bezieht, nicht als „üppig“ bezeichne) so oder so bis zum Lebensende bekommt und dann doch wenigstens noch ein paar Jahre dafür „arbeiten“ soll, wäre sehr undiplomatisch. Und da wir seit 1994 dieses „höchste Staatsamt“ ohnehin immer nur parteipolitisch besetzt hatten, kommt es auf ein paar Jahre Wulff auch nicht mehr an – einen Lübke übertrifft er allemal. BITBÄNDIGER, taz.de

■ betr.: „Unter Krähen“, online-taz vom 26. 12. 11

Spätestens jetzt wird vielen Menschen in Deutschland klar, dass Joachim Gauck, einer der maßgeblichen Wegbereiter der friedlichen Revolution in der DDR und ein engagierter Verfechter der Menschen-, Bürger- und Freiheitsrechte, der bessere Mann im Amt des Bundespräsidenten gewesen wäre. Schade, diese historische Chance wurde in der Bundesversammlung 2010 aus Gründen falsch verstandener Parteiräson vertan! Nun erleben wir ein Staatsoberhaupt, das auf mehreren Feldern von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt wird und nun Gefahr läuft, auch noch den letzten Kredit seiner eigenen Glaubwürdigkeit zu verspielen. Die gebetsmühlenartig wiederholten Warnungen vor einer Beschädigung des Amtes des Bundespräsidenten sind völlig unangemessen und sollen offenbar wie ein Maulkorb wirken. Nicht die durch die Presse- und Meinungsfreiheit gedeckte Berichterstattung und Kommentierung eines zumindest moralisch fragwürdigen Verhaltens, das dem eigenen hochmoralischen Anspruch des gegenwärtigen Amtsinhabers wohl kaum gerecht wird, sind der Skandal, sondern das Handeln selbst war und ist das Problem.

GUIDO SCHÜMANN, taz.de

■ betr.: „Unter Krähen“, online-taz vom 26. 12. 11

Die Frage ist: Wie kommt es zu diesen „Freundschaften“, zu dieser Allianz von Politikern und Millionären? Die einen haben Geld, aber nichts zu sagen, die anderen üben die Macht aus und halten sich für schlecht bezahlt. So wollen sie – jeder von ihnen – das, was sie selbst nicht haben, und am Tisch der anderen sitzen. Beide brauchen das jeweils andere für ihr vermeintliches Renommee, und wohl auch, um sich selbst zu mögen.

Und dann gibt jeder dem anderen, jeder bekommt, was ihm fehlt, Millionäre nehmen Einfluss auf politische Entscheidungen, Politiker erhalten dafür Sonderkonditionen oder gleich direkt Geld. Hat Maschmeyer seine Annoncen für Wulff eigentlich wirklich privat gezahlt oder in einer seiner Firmen von der Steuer abgesetzt? Am Ende haben wir alle mitbezahlt und die Krähen lachen sich schadenfroh ins Fäustchen. FRIEDBERT STRIEWE, taz.de

■ betr.: „Wulffsjagd im deutschen Forst“, taz vom 24. 12. 11

Um die Gunst von Alphawulffen wird in der Regel heftig gebuhlt, indem man ihm ums Maul schleckt, um sich seine Gunst zu sichern. Der Betawolf ist in der Regel der Prügelknabe für die Drecksarbeit und ist im aktuellen Fall schon entlassen worden. Solch ein Verhalten lässt sich auch durch das Jagdrecht nicht ändern. Da das soziale Verhalten der Wölfe den Menschen sehr ähnelt, wird der Wolf bei den indigenen Jägern als ihresgleichen oder höher stehend mit Respekt und Achtung behandelt. Den meisten Jägern mit Respekt vor der Schöpfung und Verständnis fürs Ganze dürfte es ähnlich gehen. Jäger sind für die unter das Jagdrecht fallenden Tiere in ihrem Revier verantwortlich und haben in Notzeiten eine Fürsorgepflicht. Viele dieser Tiere gehören zum Beutespektrum des Wolfes. Ein Jäger weiß meistens um die Vorgänge in seinem Revier. Auch der Luchs sowie fast alle Greifvögel fallen unter das Jagdrecht, allerdings mit ganzjähriger Schonzeit. Tiere, die unter das Naturschutzrecht fallen, darf ein Jäger nicht einmal im toten Zustand anfassen. Wer schon einmal Haubentauchern bei der Balz zugesehen hat, wird begreifen, dass nur perverse auf solche Tiere schießen können. Aber auch sie fallen unter das Jagdrecht. Jäger töten, aber das macht der Metzger auch. Sind sie deshalb schlechte oder primitive Menschen? Der Anteil der Akademiker unter den Jägern ist recht hoch. Ich plädiere für eine generelle und, im Fall Wolf, eine spezielle Zusammenarbeit von Jägern und Naturschützern. Die Natur wäre Nutznießer davon.

CHRISTOPH KROLZIG, Moos

■ betr.: „Unter Krähen“, online-taz vom 26. 12. 11

Wulff – und Sigmar Gabriel plustert sich auf.

Die Connection funktioniert, und man muss sie schon gar nicht mehr Hannover-Connection nennen, denn derweil weiß jeder, was gemeint ist.

Nicht das Amt des Bundespräsidenten ist beschädigt durch die Verflechtungen, die gesamte Parteienstruktur ist es, die Demokratie.

Nicht umsonst haben in den großen Parteien kleine Lichter es so schwer, sich an die Spitze durchzuarbeiten. Und erst jetzt erkennt man nach und nach, warum das so ist. Allenfalls gesichtslose Vasallen aus Hannover, die sich anzubiedern wissen, gehen den geraden Weg durch die Parteiinstanzen nach oben.

MENSCHENZEITUNG, taz.de

■ betr.: „Unter Krähen“, online-taz vom 26. 12. 11

„Es besteht die Gefahr, dass sich die Geisteshaltung der Wulffs, der Guttenbergs und der Lorenzos dieses Staates bemächtigt.“ Diese Gefahr hat sich längst realisiert. Schließlich stammen die Vorwürfe gegen Wulff aus der Zeit seiner parteipolitischen Karriere. Das mangelnde Wertebewusstsein vieler Politiker wird sich wohl wieder in der zwangsläufigen Demontage, diesmal eines Bundespräsidenten, niederschlagen müssen. Und das bestätigt nur einmal mehr, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist. DER QUERULANT, taz.de

■ betr.: „Unter Krähen“, online-taz vom 26. 12. 11

Was Merkel, Wulff, Guttenberg und all die anderen inkompetenten „Herrschenden“ offenbaren, ist kein Normensystem, sondern ein Porträt einer Politschlawinergeneration, die in diesen turbulenten Zeiten nichts verloren hat, denen der Einfluss genommen werden sollte, weil diese Herrschaften unfähig sind, ihre Ämter auszuführen und, ganz wichtig, Verantwortung zu übernehmen für den Unsinn, den sie treiben und für den sie hoffen, in der Glotze genügend Präsenz zu bekommen. NOTORISCHER NOERGLER, taz.de

■ betr.: „Wulff soll sich selbst anzeigen“, online-taz vom 27. 12. 11

Da rät ein Verfassungsrechtler zur Selbstanzeige. Ein schöner Gedanke. Aber der Bundespräsident zeigt nur, wie sehr er das als Privatangelegenheit betrachten will. Da ist nichts mit Einsicht und Reue. Woher soll eine Selbstanzeige dann kommen? Vor allen Dingen: Sollte eine Einstellung des Verfahrens dann die ethische Korrektheit dieses Verhaltens belegen? Mutmaßlich ist das Verhalten nicht gesetzeskonform. Verfahrenseinstellungen, die dann nicht mit gutem Grund, sondern willkürlich erfolgen würden, wären für Sitte und Anstand in der deutschen Politik und Gesellschaft fatal. Sobald dies geschehen würde, wäre ich ein vehementer Gegner dieses Präsidenten. Gut wäre es allerdings, wenn er mit würdigem und ernsthaftem Bedauern die im Laufe der Zeit erlangten Vorteile verzinst bei einer Einstellung gegen Auflage einer Geldzahlung an einen Verein wie Mehr Demokratie zuwenden würde. Denn an derartigen Vorfällen zeigt sich, wie wichtig die von den SpitzenpolitikerInnen von CDU und CSU ungeliebte direkte Demokratie sein könnte. CELSUS, taz.de

Die Unionsspitze hat die Kreditaffäre von Christian Wulff kurz vor Weihnachten für beendet erklärt. Und in seiner Weihnachtsansprache vermied es der Bundespräsident, auf die ihm gemachten Vorwürfe einzugehen.

Die Opposition im niedersächsischen Landtag gibt sich damit nicht zufrieden. Sie verlangt weiter Aufklärung über den Hauskredit und zur Event-Finanzierung eines illustren Partymanagers. Auch Bankchefs fordern, dass die BW-Bank die Kriterien für den Kredit klärt. Und Verfassungsrechtler Jörg-Detlef Kühne riet Christian Wullf, sich selbst anzuzeigen und sein Verhalten als Ministerpräsident vom niedersächsischen Staatsgerichtshof überprüfen zu lassen. Und obwohl SPD-Chef Gabriel eine Staatskrise heraufziehen sieht, sollte Wulff gehen müssen, pocht die SPD auf weitere Aufklärung, forderte aber keinen Rücktritt des Bundespräsidenten.