Gazprom verkauft Teile seines Deutschland-Geschäfts

ENERGIE Die Russen wollen ihre Anteile am wichtigsten ostdeutschen Gasversorger abstoßen

MOSKAU/BERLIN dpa/rtr/taz | Es sind derzeit keine gute Zeiten für den russische Staatskonzern Gazprom. Nun zieht er sich aus Teilen seines Deutschland-Geschäfts zurück: Gazprom will seine Anteile am Leipziger Großversorger Verbundnetz Gas AG (VNG) verkaufen – wegen fehlenden Einflussmöglichkeiten bei der Leitung von VNG, so der Konzern. Die Russen halten an dem Unternehmen 10,5 Prozent.

Mit dem Rückzug treibt Gazprom seine Strategie voran, das Europa-Geschäft zurückzufahren. Hintergrund sind die angespannten Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Regierung in Moskau wegen der Rolle Russlands im Ukraine-Konflikt sowie ein Gewinneinbruch bei Gazprom. 2014 hat der Konzern einen Überschuss von rund drei Milliarden Euro erwirtschaftet – fast 70 Prozent weniger als 2013. Die Konzerntochter Gazprom Neft ist einem Zeitungsbericht zufolge sogar auf Finanzhilfen der Regierung in Moskau angewiesen.

Die Zukunft von VNG wiederum ist momentan ungewiss, was für die ostdeutschen Länder zum Problem werden könnte. VNG importiert Erdgas vorrangig aus Russland und Norwegen und ist der einzige Großkonzern mit Sitz in Ostdeutschland. Gazprom machte bis zum frühen Dienstagnachmittag keine Angaben darüber, an wen es seine Anteile veräußern will. Der Oldenburger Energieversorger EWE, der mit 63,7 Prozent an VNG beteiligt und damit Hauptaktionär ist, wollte sich zu den Gazprom-Verkäufen ebenfalls nicht äußern. Immerhin 25,8 Prozent hält ein Zusammenschluss von ostdeutschen Kommunen. Diese haben damit eine Sperrminorität und können etwa die Zerschlagung der VNG oder die Verlegung des Firmensitzes verhindern. Zuvor war bereits die Wintershall Holding aus Kassel, mit der Gazprom eng zusammenarbeitet, aus dem Unternehmen ausgestiegen. Beide Unternehmen hatten zusammen 26,3 Prozent der Aktien und damit ebenfalls eine Sperrminorität.

Russland lieferte im vergangenen Jahr rund 6,3 Milliarden Kubikmeter Gas an VNG – von insgesamt 35,3 Milliarden Kubikmetern Gas, die das Unternehmen verkaufte. Im vorigen Jahr erzielte die VNG einen Jahresüberschuss von 184 Millionen Euro. Allerdings beruhte dies laut Vorstand maßgeblich auf dem Verkauf einer Beteiligung.