Park betreten verboten

Die Hamburger Polizei verfügt für eine Gegnerin des Hotel im Wasserturm ein Aufenthaltsverbot für weite Teile des Schanzenparks. Die Frau fühlt sich staatlicher Willkür ausgesetzt

Die Hamburger Polizei wendet die Normen des im vorigen Jahr geänderten Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG) nun auch hemmungslos gegen die linke Szene an. Waren Platzverweise und Aufenthaltsverbote vornehmlich gegen vermeintliche Junkies vorgesehen, treffen sie nun immer öfter Teilnehmer von Demos oder nun auch AnwohnerInnen des Schanzenparks im Konflikt um das Mövenpick-Hotel. Dabei wendet die Polizei erstmals das Aufenthaltsverbot an. Ein Aufenthaltsverbot kann nach dem Paragrafen 12b SOG für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten verhängt werden. KVA

Von KAI VON APPEN

Wenn in den nächsten Tagen Schnee fällt, hat Claudia Falke aus dem Schanzenviertel ein Problem: Entweder sie verstößt gegen polizeiliche Auflagen oder sie muss ihrer neunjährigen Tochter beichten, dass sie nicht mit ihr im Park rodeln gehen kann. Denn der Hamburger Staatsschutz hat die 46-jährige Aktivistin des Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks zur Persona non grata erklärt und ihr den Zutritt zu weiten Teilen des Park für drei Monate verboten. Falkes Anwältin Ingrid Witte-Rohde wird nach Weihnachten beim Verwaltungsgericht im Eilverfahren dieses Aufenthaltsverbot anfechten.

In der zwölfseitigen „Aufenthaltsverbotsverfügung“ samt eines Satellitenluftbilds, in dem das Sperrgebiet eingezeichnet wurde, sind 59 vermeintliche Vergehen aufgelistet. Falke wird darin vorgeworfen, einen „privaten Feldzug“ gegen den Bau des Mövenpick-Hotels zu führen und „ihren Hass“ dagegen „weiterhin auszuleben“. Nun dürfe sie den Rundweg um den Wasserturm und alle Wege, die zum Mövenpick-Hotel führen, nicht nutzen. Selbst die Straßenseite der Sternschanze, an der sich die Hoteleinfahrt befindet, ist tabu. „Das ist eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr“, begründet Polizeisprecherin Karina Sadowski das Parkverbot. „Wir sehen eine Gefahr für weitere Straftaten.“

Claudia Falke findet den Vorwurf des „Privatkriegs“ absurd. „Ich habe keinen Hass, sondern das Ansinnen, öffentlichen Raum zu nutzen“, sagt die Hotelgegnerin. „Ich kann mich mit den Kindern und Hunden ja nicht in Luft auflösen, nur weil da ein Hotel ist.“ Vielmehr sieht sich Falke permanenten „Schikanen“ der Mövenpick-Security „Wisag“ und der Beamten der Lerchenwache ausgesetzt, die offenkundig sehr eng kooperieren. „Sowie die Wachleute anrufen, sind sofort die Bullen da“, sagt Falke, und oft seien sie aggressiv. Neulich habe ein Beamter ihren kleinen Hund aus ihrem Arm gerissen und zu Boden geschleudert. Sie habe gerufen, „mach den Hund nicht tot“ – und dafür einen Platzverweis kassiert, einen von 70 in diesem Jahr.

Inzwischen werde regelrechte Sippenhaft praktiziert. „Wer sich mit mir hier blicken lässt, wird auch verfolgt.“ Das bekam sogar ihre Anwältin Witte-Rohde zu spüren. „Ich wollte mich beim Mövenpick-Management beschweren, doch der Sicherheitsmann hat mir Hausverbot erteilt“, berichtet die Juristin.

In der Auflistung werden auch Fälle von Hausfriedensbruch aufgeführt. Bei einem Vorfall (taz berichtete) sei sie von einem Security-Mann auf dem Rundweg belästigt und dann bei einem Wortgefecht geschubst worden. Als sie sich deswegen mit einem halben Fuß auf dem Hotelrasen befunden habe, habe der Security-Mann daraus einen Hausfriedensbruch konstruiert. Bei der Festnahme habe sie von einem Polizisten einen Faustschlag ins Gesicht erhalten und durch einen umgedrehten Arm eine Schulterverletzung erlitten. Falke: „Das Gros der Verfahren wegen Hausfriedensbruch geht selbst nach Bullen-Einschätzung den Bach runter.“

Aber auch in anderen Fällen nimmt es der Staatsschutz nicht so genau. Da wird aufgeführt, dass es am 18. November diesen Jahres eine Farbattacke gegen die Hotel-Fassade gegeben habe und „Sie und Ihr Begleiter im Rahmen der Fahndung im Durchgang des U / S-Bahnhofs Sternschanze angetroffen“ worden seien. Verschwiegen wird allerdings, dass Falke zur Tatzeit auf der anderen Bahnhofsseite von einer Streife observiert worden war. Oder es wird ihr vorgeworfen, Lagerfeuer im Park angezündet zu haben – dass dies auf der Grill- und Feuerstelle geschehen ist, wird nicht erwähnt.

Anwältin Witte-Rohde hat bereits bei der Polizei Widerspruch gegen die Verfügung eingelegt. Der ist am vergangenen Freitag mit dem Hinweis zurückgewiesen worden, dass Claudia Falke am Vorabend gegen 23 : 30 Uhr beim späten Gassigehen mit den Hunden im Park angetroffen worden sei. „Drei Bullenwagen sind gekommen und haben den Park mit aufgeblendeten Scheinwerfern ausgeleuchtet“, erinnert sich Falkes Lebensgefährte Jörg M. Die Polizisten seien gereizt gewesen und hätten gesagt: „Wir haben keine Bock mehr.“

Tags zuvor hatte Falke tatsächlich gegen die Verfügung verstoßen, als ihre Hündin Yaota in der Sperrzone ihr Geschäft hinterlassen habe. „Ich habe natürlich die Hundescheiße eingesammelt“, so Falke. Wenn sie nicht gegen das Parkverbot verstoßen hätte, wäre ein Bußgeld nach dem Hundegesetz fällig gewesen.

„Egal ob ich was mache oder nicht, ich bin der Willkür der Schergen ausgesetzt“, entrüstet sich die Wasserturm-Aktivistin. Auch wenn das polizeiliche Vorgehen „blöd und lächerlich“ sei, sei es für sie doch „eine erhebliche Einschränkung“.