Polizeichef muss gehen

Sachsen-Anhalts Polizei und der Rechtsextremismus: Personelle Konsequenzen wegen frisierter Statistik

BERLIN taz ■ Weil Sachsen-Anhalts Polizei die Statistik über rechtsextreme Straftaten geschönt hat, muss ihr Chef gehen. Der Direktor des Landeskriminalamts in Sachsen-Anhalt, Frank Hüttemann, sei am Mittwoch zurückgetreten, teilte ein Sprecher von Landesinnenminister Holger Hövelmann (SPD) mit.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass das LKA rund 200 rechtsextremistische Straftaten nicht angeführt und so die Statistik aufgebessert hat. Nach Angaben des Innenministers hatte der LKA-Chef die Beamten angewiesen, alle Delikte, bei denen kein Täter bekannt war, als politisch uneindeutig abzulegen. So wurde deren Zahl im ersten Halbjahr halbiert.

Nach Bekanntwerden hatte der Innenminister zwar eine sofortige Umstellung auf die alte Zählweise angeordnet und versprochen, die falsch eingeordneten Fälle zu überprüfen, wollte aber zunächst keine personellen Konsequenzen ziehen. Am Mittwoch erklärte er nun, der LKA-Chef übernehme mit seinem Rücktritt die Verantwortung für Kommunikationsprobleme zwischen der Behörde und dem Ministerium.

Allerdings sind die anhaltenden Polizeipannen in Sachsen-Anhalt mehr als nur „Kommunikationsprobleme“. So soll Dessaus Polizeivize im Februar seinen Untergebenen geraten haben, rechtsextreme Straftaten zu ignorieren – weil es schlecht fürs Landesimage sei. In Bernburg wollte ein Asylbewerber Anzeige erstatten, weil er sich bedroht fühlte. Die Polizisten hielten das für unnötig. Gegen einen Anti-rechts-Aktivisten in Dessau wurde gar ermittelt, weil er einen NPD-Politiker öffentlich als rechtsextrem bezeichnet hatte. Der Vorwurf: üble Nachrede. SST