Allzweckwaffe mit Babyzügen

Die Scharfschützen vom Spiegel hatten „Babyface“ Boris Rhein (CDU) erst kürzlich im Visier. Kontakte zur berüchtigten Rockerbande Hells Angels soll der noch amtierende hessische Innenminister unterhalten haben. Ab sofort ist er auch designierter Kandidat der Union für die nach der Rücktrittsankündigung von OB Petra Roth nun zwangsweise vorgezogene Direktwahl eines neuen Stadtoberhauptes im Sommer 2012. Der Schuss des Nachrichtenmagazins ging allerdings nach hinten los. Der 39 Jahre alte Rhein wies die „ungeheuerliche Unterstellung“ nicht nur glaubwürdig zurück, sondern verbot umgehend zwei Ortsvereine der kriminellen Angels in der Mainmetropole.

Der jungenhaft aussehende Hoffnungsträger der hessischen CDU fährt auch keine Harley, sondern in einem Audi A8 (6.0 Quattro) – von seinem Chauffeur gesteuert. Nach einer aktuellen Umfrage der Deutschen Umwelthilfe zur (Un-)Sauberkeit der Dienstfahrzeuge von Landes- und Bundesministern ist die Luxuslimousine von Rhein allerdings die größte Dreckschleuder von allen. Auch ein Rekord. Der Wehrdienstverweigerer Rhein ist auch karrieremäßig immer schnell unterwegs. 1990 in die Junge Union eingetreten, war der Frankfurter Bub schon sechs Jahre später deren Kreisvorsitzender und Mitglied im Landesvorstand der CDU Hessen. 1999 zog der gelernte Jurist dann in den Hessischen Landtag ein.

2006 übernahm Rhein das Rechtsdezernat der Stadt Frankfurt. Doch die CDU Hessen mit Roland Koch noch als Macher und „Menschenfischer“ überredete ihn 2009 dazu, als Staatssekretär in das von Volker Bouffier (CDU) geleitete Innenministerium zu wechseln. Als Bouffier Ministerpräsident wurde, avancierte Rhein zum Innenminister. Jetzt soll die Allzweckwaffe der hessischen Union also OB in Frankfurt und damit Nachfolger der in der Stadt überaus beliebten Petra Roth werden?

Nur wenn die Frankfurter CDU das auch wirklich will (die Kandidatenkür findet erst im Frühjahr 2012 statt) – und dann auch die Bürgerinnen und Bürger für Rhein votieren. Seine Chancen stehen aber nicht schlecht, vor allem wegen der schwachbrüstigen Konkurrenz. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT