Der mit Lücken in der Erinnerung

Es sind nicht die drei Gläser Rotwein, die sich der Mainzer Oberbürgermeister (OB) Jens Beutel kürzlich an einer Hotelbar in Kigali, der Kapitale des rheinland-pfälzischen Partnerlandes Ruanda, genehmigte, ohne die Rechnung zu begleichen, die den 65 Jahre alten Sozialdemokraten jetzt zum Rücktritt (sprich: vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zum 31. 12. 2011) bewegten. Auch die Lustreise nach Capri ohne jeden politischen Hintergrund im Jahre 2004, an der Beutel in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der Überlandwerke Groß-Gerau GmbH „für lau“ teilnahm – und die staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nach sich zog –, war für Beutel für sich genommen keine Ursache für die jetzige Demission. Und falsch liegt zudem, wer nun glaubt, dass ihn seine unrühmliche Rolle im Skandal um die kommunale Wohnungsbaugesellschaft – samt Strafbefehl wegen „Untreue“ – und sein irritierend arroganter Auftritt als Zeuge „mit Erinnerungslücken“ im Zuge der Aufarbeitung vor Gericht nach 14 Jahren auf dem Oberbürgermeistersessel zum Verzicht auf das Spitzenamt animiert hätten.

Beutel hat die Kritik an seinem Verhalten ja auch vorher immer ungerührt weggesteckt. Das Wort „Unrechtsbewusstsein“ war und ist ihm weiter fremd. Der Steuerzahler hat halt die Zeche zu zahlen (in der Causa Ruanda war es allerdings der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz, SPD, der Beutels Rechnung beglich – widerwillig). Mainz bleibt Mainz, solange es noch „Weck, Worscht und Woi“ gibt.

Dass der ehemalige Richter Beutel, der für ein falsches Urteil in einem Missbrauchsprozess (Worms 1993–1996) schon viel Kritik einstecken musste, jetzt aufgibt, ist einzig und allein die Folge des von der oppositionellen CDU im Mainzer Stadtrat angekündigten Abwahlantrags, dem vermutlich auch einige Mitglieder der die Stadt mit dem einzigen „Karnevalsfußballverein“ Deutschlands regierenden Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen zugestimmt hätten. Sich schmachvoll abwählen lassen wollte der passionierte Schachspieler aber nicht. Dann lieber gleich matt. Freunde hatte er zuletzt auch in der eigenen Partei schließlich kaum noch welche.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT