Gotteshäuserkampf in Frankfurt

Anwohner wollen neue Moschee verhindern. Stadtratsmehrheit unterstützt islamische Gemeinde. Heute NPD-Demo

FRANKFURT/MAIN taz ■ Frankfurt, Ortsteil Hausen: Ein schon lange multikulturelles Viertel. Menschen aus fast allen Ländern der Erde sind dort heimisch geworden. Und man schien sich wechselseitig zu respektieren. Die Religion war nie ein Problem. Nirgendwo sonst in Frankfurt stehen christliche Kirchen diverser Glaubensrichtungen – unter anderem ein Gebetshaus koptischer Christen und eine russisch-orthodoxe Kapelle – so eng neben zwei Moscheen wie hier.

Doch seit die schiitische Hazrat-Fatima-Gemeinde eine weitere Moschee mit zwei Minaretten errichten will, ist es vorbei mit der angeblichen Multikulti-Idylle. Alteingessene Hausener gründeten eine Bürgerinitiative und sammelten schon knapp 1.000 Unterschriften gegen das Bauvorhaben des türkisch-pakistanischen Moscheenvereins auf einem 1.000-Quadratmeter-Gelände nahe Autobahnzubringer. Ihr Credo: „Es reicht!“ Noch eine Moschee könne der Ort nicht verkraften. In einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) schrieben die Moscheegegner, der Islam sei „unvereinbar mit unserer Rechtsordnung“. Sie appellierten an Roth, sich ihrer Verantwortung für alle Bürger bewusst zu werden: „Gerade Sie als Frau können doch nicht über die Menschenrechtsverletzungen an vielen Mädchen und Frauen im Islam hinwegsehen.“ Dabei hatte der Sprecher der Fatima-Gemeinde, der in Deutschland geborene Deutsche Ünal Kaymakcy, zuvor ein Bekenntnis zu „unserer deutschen Rechtsordnung“ abgelegt, die verbindlich für alle Muslime hier sei. Menschenrechtsverletzungen anderswo seien deshalb für einen „deutschen Islam“ nicht relevant.

„Wir wollen die Moschee nicht, ganz egal was ihr sagt!“, war jedoch der Tenor bei Stellungnahmen der Bürger, die sich auf einer Sondersitzung des Ortsbeirats zu Wort meldeten: Sie sorgten sich vor „Islamisierung“ und „islamistischem Terror“. Andere beschworen ein „Parkchaos“ rund um die Moschee herauf.

Mit islamfeindlichen Äußerungen tat sich vor allem der Stadtverordnete der Freien Wähler hervor. Aber auch lokale Vertreter von Grünen und CDU machten – im Gegensatz zu ihren Parteioberen im Frankfurter Stadtparlament – mit Front gegen den „islamistischen Neubau“. Die Vertreter der Stadt reagierten eher hilflos. Über das bisherige „friedliche Miteinander der Kulturen“ referierte Multikulturdezernent Jean-Claude Diallo. Und dass man doch gezwungen sei, miteinander auszukommen. Hören wollte das im Auditorium (fast) keiner – auch nicht die Aussage des Bauamtsleiters, man habe das angebliche Parkproblem „längst im Griff“.

Gegen die Moschee wandte sich auch die russisch-orthodoxe Gemeinde in einem Brief an Roth: Viele ihrer Mitglieder hätten „persönliche, oft sehr traumatische Erfahrungen mit dem Islam und einzelnen Muslimen“.

Das Stadtparlament jedoch steht fast komplett auf Seiten der Fatima-Gemeinde. CDU, SPD, FDP und Grüne verabschiedeten einen gemeinsamen Antrag für den Moscheebau. Der Tenor im Römer: Der Islam müsse raus aus den Hinterhöfen – bislang betete die Fatima-Gemeinde in einer „Garagenmoschee“ in Griesheim – und rein ins öffentliche Leben. So sieht das auch der frühere Frankfurter Multikulturdezernet Daniel Cohn-Bendit. Nach Berichten über einen angeblichen Hassprediger in Reihen der Fatima-Gemeinde sagte der Grüne, es sei ihm lieber, dass es Moscheen gebe, in denen man „hören kann, was die Imame sagen“.

OB Roth kündigte einen Arbeitskreis im Ortsteil an, wo sich muslimische und nichtmuslimische Bürger austauschen sollen: „Die Brisanz interkultureller Konflikte macht offenen und tabufreien Dialog erforderlich.“

Am Samstag will die NPD, von der sich die Hausener Bürgerinitiative klar distanziert, vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung um die Moschee ihr braunes Süppchen kochen – mit einem Demozug durch Hausen. In die Gegendemonstration will sich Roth einreihen. In der Opelstadt Rüsselsheim starten die „Republikaner“ zeitgleich ihre hessenweite Kampagne „gegen Minarette“.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT