„Medien schaffen Realität“

LESUNG Ein Jahr nach der Sarrazin-Debatte erscheint die Analyse „Rassismus in der Luxusgesellschaft“

■ 26, ist Redakteur von kritisch-lesen.de und Mitarbeiter bei der Opferberatungsstelle „Reach Out“.

taz: Herr Friedrich, warum erscheint gerade jetzt ein Sammelband zu der einst von SPD-Politiker Thilo Sarrazin (Foto) losgetretenen Debatte?

Sebastian Friedrich: Die Idee für den Sammelband entstand vor einem Jahr, also während der Debatte. Damals war kaum eine linke Gegenposition zu erkennen. In dem Sammelband möchten wir das Feld analysieren, auf dem die Thesen wirken konnten.

Schlägt sich die Sarrazin-Debatte heute noch in der Gesellschaft nieder?

Ja, Sarrazin und seine BefürworterInnen haben die Verbindung von Ökonomie und Einwanderung sowie den antimuslimischen Diskurs aktualisiert.

Wie kommen Sie auf die Einteilung in „erfolgreicher“ versus „unnützer“ Migrant?

Wenn man Reportagen und Berichte während der Debatte analysiert, fällt auf, dass „Musterbeispiele einer gelungener Integration“ konstruiert werden, die einer scheinbaren Masse von sogenannten Integrationsunwilligen gegenübergestellt wird.

Die Medien haben also wesentlich an der Meinung der Öffentlichkeit über Migranten beigetragen?

Der Kampf gegen den rassistischen Diskurs ist auf allen Ebenen notwendig. Die Medien bilden nicht nur ab, sondern schaffen auch Realität. Es muss die Aufgabe der Medien sein, mit den Menschen zu sprechen und nicht über sie.

Welchen Fehler haben „die Medien“ gemacht?

Menschen, die als „migrantisch“ markiert werden, werden immer in Beziehung zur „Unterschicht“ gesetzt. Eine adäquate Repräsentation von MigrantInnen findet in den Medien nicht statt.

Kann man denn „die Medien“ alle über einen Kamm scheren?

Nein, aber die Untersuchungen zeigen Gemeinsamkeiten bei der Berichterstattung der hegemonialen Medien auf, also dem Feld zwischen der taz und FAZ.

Interview: MAREN EWERT

20 Uhr, Villa Ichon, Goetheplatz