SPORTPLATZ
: Mädchen treten in der Jungs-Liga an

FUSSBALL Eine Fachtagung beschäftigte sich zwei Tage lang mit Mädchen- und Frauenfußball. Fazit: Solange der immer noch etwas Besonderes ist, bleibt viel zu tun

Aller Anfang ist schwer, heißt es. Noch schwerer jedoch ist es oft, aus einem guten Start etwas Gutes zu machen, das auch von Dauer ist – genau diese Gedankengänge drängten sich am Freitag bei der zweiten Fachtagung zu Frauen- und Mädchenfußball des Berliner Fußball-Verbands (BFV) im Rathaus Kreuzberg auf.

Mit rund 60 Teilnehmern und Teilnehmerinnen hatten nur etwa halb so viele wie im Vorjahr den Weg dorthin gefunden, um an den Workshops teilzunehmen. „Der Charakter der Tagung ist in diesem Jahr ein anderer“, stellte Ehrengast Hannelore Ratzeburg fest. Statt großer Forderungen sei es eher um den Austausch von Erfahrungen gegangen, so die DVB-Vizepräsidentin.

Tatsächlich konnte man den Eindruck gewinnen, viele der Teilnehmenden hätten die Gelegenheit vor allem dafür nutzen wollen, sich einmal ordentlich Luft zu machen. Die Struktur der Ligen sei verbesserungswürdig, hieß es zum Beispiel, und noch immer gebe es Probleme bei Platzvergabe und Trainingsmöglichkeiten. Letzteres ist sicher vor allem ein berlinspezifisches Problem. Besonders in den innenstädtischen Bezirken ist das Angebot an Sportanlagen schlicht nicht ausreichend für die große Zahl von Menschen, die dort leben und Sport treiben wollen. Der im Grunde ja wünschenswerte deutliche Anstieg der Zahl von Mädchenteams ist da mit den bestehenden Plätzen oft nur schwer aufzufangen.

Es gibt auch Positives zu berichten. So versucht der BFV schrittweise einen Spielbetrieb für A-Juniorinnen aufzubauen, und auch das Fehlen von Ligen speziell für ältere Frauen soll in Angriff genommen werden.

Was die Leistungsförderung im Spitzenbereich angeht, gibt es ebenfalls Fortschritte. Nicht wenige der besonders talentierten Nachwuchsspielerinnen nehmen inzwischen das sogenannte Zweitspielrecht in Anspruch und kicken bei gleichaltrigen Jungs mit.

Sie waren einfach zu gut

Beim 1. FC Lübars spielt mit den C-Juniorinnen sogar ein ganzes Team in einer Jungsliga. Für die Mädchen, heißt es, waren sie einfach zu gut, haben ständig zweistellig gewonnen. In der Bezirksklasse treffen sie nun endlich auf Gegner, an denen sie wachsen können. Den Friedenauer SC konnten sie sogar mit 2:1 schlagen – der erste Sieg eines Mädchenteams gegen ein Jungsteam in einem Berliner Pflichtspiel.

„Vorangegangen waren jedoch Jahre der Diskussion auf Verbandsebene“, erzählt Tanja Walther-Ahrens, Mitglied des BFV-Präsidiums. Man merkt ihr an, dass es auch im ach so weltoffenen Berlin nicht immer einfach ist, sich für Gleichberechtigung einzusetzen. Oft braucht es eine Menge Durchhaltevermögen.

Denn allen Kampagnen und und großen Worten zum Trotz ist der BFV noch immer vor allem ein Altherrenverein. Das zeigt sich schon alleine daran, dass dort für Frauen- und Mädchenfußball seit Jahren nur eine Arbeitsgemeinschaft existiert, während es selbst für Cricket einen Ausschuss gibt.

Der Unterschied ist der, dass Ausschüsse in der Satzung des Verbandes verankert sind. Arbeitsgemeinschaften dagegen werden lediglich vom – außer Walther-Ahrens nur aus Männern bestehenden – Präsidium „zur Bearbeitung besonderer Aufgaben“ einberufen. Frauen- und Mädchenfußball ist also beim BFV etwas „Besonderes“ und nicht Teil dessen, was er als Kern seiner Arbeit versteht.

Eine Domäne alter Männer

Dazu passt, dass in der Broschüre zum „Masterplan“ des BFV, die bei der Tagung allen Teilnehmenden in die Hand gedrückt wurde, Frauen fast gar keine Erwähnung finden, also nur von Spielern, nie jedoch von Spielerinnen die Rede ist, ganz so als gäbe es im Fußball keine Frauen. Da hilft es dann auch wenig, wenn man stolz darauf ist, dass das Finale der Champions League im Frauenfußball am 14. Mai im Friedrich-Ludwig-Jahnsportpark im Prenzlauer Berg stattfinden wird. Solange der BFV im Wesentlichen eine Domäne alter, weißer Männer bleibt, in der sich Migranten bestenfalls um Integration und Frauen nur um sich selbst kümmern dürfen, gibt es noch viel zu tun. Sehr viel sogar. Diese Tagung war zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

JAN TÖLVA