Private Bahn wird ein teurer Spaß

Der geplante Verkauf der Bahn führt möglicherweise zu steigenden Preisen im Nahverkehr. Doch gegen den Widerstand der Länder könnten teure Geschenke helfen

BERLIN taz ■ Der von der Bundesregierung geplante Verkauf der Deutschen Bahn AG macht den Nahverkehr erheblich teurer. Das befürchtet die Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr, deren Mitglieder den Nahverkehr auf deutschen Schienen organisieren und finanzieren. Außerdem stehe ein weiterer Kahlschlag im Regionalnetz an, sagte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft, Bernhard Wewers, am Donnerstag in Berlin. Die vom Kapitalmarkt geforderten Renditen seien nur zu erreichen, wenn sich die Bahn von rund 9.000 Kilometern Streckennetz trenne und Bahnhöfe schließe, die täglich von weniger als 100 Reisenden frequentiert würden.

Die Folgen träfen die Reisenden unmittelbar, so Wewers. Schließlich solle das defizitäre Bahnnetz hochprofitabel werden. „Das geht nur durch höhere Trassenpreise, geringere Investitionen und durch Stilllegung von Strecken.“ Langfristig drohten Preiserhöhungen im Nahverkehr von bis zu 15 Prozent.

Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und ehemalige Bahnmanager, der der Hauptstadt einen harten Sparkurs verordnet hatte, bekräftigte seine Kritik an dem geplanten Verkauf der Bahn. „Die Gefährlichkeit und Unsinnigkeit des Vorhabens liegt auf der Hand.“ Wettbewerbspolitisch sei das Vorhaben in etwa so, als würde man den Flughafen Frankfurt der Lufthansa übergeben, die dann neutral die begehrten Start- und Landemöglichkeiten an die Fluggesellschaften verteilen solle. Solche Geburtsfehler könnten auch durch viel Regulierung nicht mehr geheilt werden.

Bundestag und Bundesrat können die Pläne der Regierung noch kippen. In der kommenden Woche wird die Vorlage eines Gutachtens erwartet, das die Länderkammer in Auftrag gegeben hatte, um die Verfassungsmäßigkeit der Regierungspläne zu prüfen. „Darauf bin ich sehr gespannt“, so Sarrazin. Mehrere Bundesländer haben bereits ihre Bedenken angemeldet, darunter Hessen, Berlin und Brandenburg.

Sarrazin äußerte allerdings die Befürchtung, dass sich einzelne Länder unabhängig von dem Ergebnis des Gutachtens ihre Zustimmung zu den Plänen abkaufen lassen könnten. „Das ist ein ganz normales Geschäft, das bereits in vollem Gange ist.“ So sei die Unterstützung der Bundesregierung für den Bahnhofsneubau in Stuttgart oder den Transrapid in München auch in diesem Zusammenhang zu sehen. Und in Hessen werde die geplante Autobahn zwischen Gießen und Kassel ins Gespräch gebracht. Solche und andere Finanzzusagen des Bundes seien letztlich kostspieliger als die Einnahmen durch den Börsengang.

Um das geplante Privatisierungsgesetz noch zu verhindern, favorisiert Sarrazin das von der SPD-Linken aufgebrachte Volksaktienmodell für die Bahn. „Damit kann man den unentschiedenen Abgeordneten eine Brücke bauen.“ RICHARD ROTHER