Pakistans Expremier auf Heimatkurs

Nawaz Sharif, 58, populärer Expremierminister Pakistans, will bald aus dem Exil zurückkehren. Militärmachthaber Musharraf steht vor den Wahlen im Herbst nun noch mehr unter Druck FOTO: REUTERS

Die Anhänger von Nawaz Sharifs Muslimliga (PML-N) veranstalteten am Donnerstag in den Straßen Islamabads ein Freudenfest. Süßigkeiten wurden verteilt, Ziegen wurden geopfert. Und lautstark der Rücktritt von Pakistans Militärmachthaber Pervez Musharraf gefordert. Zuvor hatte das Oberste Gericht entschieden, dass der Expremierminister Nawaz Sharif aus dem Exil zurück ins Land kommen dürfe. Sharif, der gestern sagte, er wolle binnen der nächsten Wochen die Heimreise antreten, bringt den angeschlagenen Musharraf weiter in Bedrängnis.

Sharif wurde 1949 in Lahore geboren. Der Unternehmersohn, dessen Familie mit Stahl, Zucker und Papier in Pakistan ein Vermögen verdient hat, stieg 1981 in die Politik ein. Der damalige Militärdiktator Zia ul Haq machte ihn zunächst zum Finanzminister, später zum Regierungschef der Provinz Punjab. 1990 wurde er zum ersten Mal zum Premierminister Pakistans gewählt. Zuvor war Premierministerin Benazir Bhutto mit Sharifs Einverständnis von den Militärs aus dem Amt gejagt worden. 1993 überwarf er sich mit Präsident Ghulam Ishaq Khan, der ihn entließ.

Sharifs politische Gegenspielerin Benazir Bhutto regierte fortan wieder das Land. Nachdem Bhutto wegen Korruptionsvorwürfen ihren Platz räumen musste, wurde Sharif 1997 wiedergewählt. Die Mehrheit für seine Partei nutzte Sharif für umstrittene Verfassungsänderungen. Zunehmend machte das Militär Ende der 90er-Jahre jedoch erneut seinen Einfluss auf der politischen Bühne geltend. Als Sharif versuchte, Armeechef Pervez Musharraf – den er selbst ernannt hatte – zu entlassen, rief der zum Putsch. Sharif wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und durfte schließlich ins Exil.

Für Musharraf wird es mit der drohenden Rückkehr von Sharif noch enger. Zwar verhandelt er derzeit mit Sharifs Rivalin Benazir Bhutto, die ebenfalls im Londoner Exil lebt und die stärkste Oppositionspartei PPP anführt. Doch Bhutto hat klargemacht, dass eine Wiederwahl Musharrafs, die dieser im Herbst anstrebt, nur in Frage kommt, wenn er nicht zugleich Armeechef bleibt.

Die erste Reaktion auf das Urteil des Obersten Gerichts zu Nawaz Sharif lautete denn auch, jener müsse sofort mit Verhaftung wegen Korruption rechnen, wenn er wieder einen Fuß auf Pakistans Boden setze. Viel helfen wird das dem bedrängten Musharraf nicht. Die Parteienallianz APDM, die sich kürzlich auf einem Treffen in Sharifs Londoner Exilheimat formierte und der weitere große islamische Parteien angehören, hat schon jetzt Massenproteste angekündigt, sollte Musharraf versuchen, sich in Uniform wieder wählen zu lassen.

ANETT KELLER