KOMMENTAR VON SIMONE SCHLINDWEIN
: Der Krieg führt zum Hunger

Die UNO hat die Katastrophe zur „Hungersnot“ erklärt. Folgt daraus Engagement?

Hilfsorganisationen sprechen von der schlimmsten Hungersnot seit 60 Jahren. Über 11 Millionen Menschen seien in Ostafrika bedroht. Am schlimmsten betroffen: das Bürgerkriegsland Somalia. Täglich treffen tausende Somalier im weltweit größten Flüchtlingslager in Nordkenia ein. Nichtregierungsorganisationen arbeiten an der somalischen Grenze, um die Hungernden notdürftig zu versorgen. Sie geben dem Westen die Schuld, nicht genügend Hilfe nach Afrika zu schicken, und – natürlich – dem Wetter.

Dabei ist Ostafrika so fruchtbar, dass man in manchen Regionen nur einen Samen fallen lassen muss, und es wachsen saftige Ananas – ganz ohne Dünger und Bewässerung. Andere Länder Ostafrikas wie Uganda gelten als Brotkorb der Region. Dürre ist in diesem Teil der Welt außerdem keine Seltenheit. Und auch diese hat sich lange angekündigt. Alle fünf bis sechs Jahre erlebt Ostafrika das Phänomen La Niña mit gewaltigen Regenmengen, die ganze Landstriche überfluten. Daraufhin folgt dann eine längere Trockenperiode – wie diese hier.

Mit einer langfristig angelegten Politik können die Regierungen diesen Problemen entgegenwirken: Dämme errichten, Vorratsspeicher für Lebensmittel anlegen, Straßen bauen, um Lebensmittel preiswert zu transportieren. Doch dazu brauchen die Länder einen funktionierenden Staat, eine verantwortungsvolle Regierung – und davon ist Somalia weit entfernt. Letztlich ist nämlich nicht das Wetter schuld an der Hungersnot, sondern der seit 20 Jahren andauernde Bürgerkrieg. Dieser hat den Ackerbau und die Wirtschaft zerstört. Die Somalier benutzen Kalaschnikows anstatt Hacken und Spaten, um zu überleben. Das Land ist vom Handel mit den Nachbarn abgeschnitten. Die radikalislamistische Miliz al-Schabaab, die den fruchtbaren Süden des Landes unter Kontrolle hat, nutzt Hunger als Kriegswaffe.

Die UNO hat nun die Katastrophe in Somalia offiziell zur „Hungersnot“ erklärt. Schön und gut. Doch folgt daraus auch ein breiteres politisches und militärisches Engagement im Bürgerkriegsland? Bislang hat es die UNO der Afrikanischen Union überlassen, ugandische und burundische Friedenstruppen nach Mogadischu zu schicken, die dort ihr Leben riskieren. Aber auch die Ugander würden lieber ihre Ananas nach Somalia exportieren, wenn dort endlich Frieden herrschte.