Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e. V.

„Postkoloniale Entwicklungszusammenarbeit“ – solche Wortketten kommen nur in der deutschen Sprache vor. Doch die Arbeit der ASW wird von den Gruppen im Ausland selbst mitbestimmt

■  Die ASW lädt ein, mit dem Fahrrad nach Afrika zu fahren. Das Örtchen Afrika liegt in der Uckermark. Am 3. 9. radeln sie von Eberswalde nach Afrika (50 Kilometer). Wer möchte, kann bereits in Bernau starten (80 Kilometer). Die Anreise ist von Berlin mit dem Nahverkehr möglich. Wer möchte, kann im Gästehaus „Alte Schule“ übernachten. Die freiwillige Startspende von 50 Euro kommt den Projekten in Simbabwe zugute.

■  Weitere Infos: www.radtour-afrika.de, www.aswnet.de

Mit ihrem radikalen Ansatz stellte die postkoloniale Theorie den Entwicklungsdiskurs des 20. Jahrhunderts auf den Kopf. „Der Westen dominiert den Diskurs über die Probleme der Entwicklungsländer“, lautete der Vorwurf der postkolonialen TheoretikerInnen. Die betroffenen Länder kämen nicht zu Wort. Aus diesem Grund warben sie dafür, die Entwicklungsländer selbst entscheiden zu lassen, was sie brauchten und was nicht. Der Westen sollte sich endlich aus ihren Angelegenheiten heraushalten.

In der Tradition dieses Ansatzes steht die derzeitige Arbeit der Entwicklungsorganisation „Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt“ (ASW). „Wir verstehen uns als Partner“, erklärt Marek Burmeister, der bei der ASW für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Der ASW geht es nicht darum, eigene Entwicklungsprojekte in den jeweiligen Ländern zu initiieren, sondern die Menschen mit ihren Ideen und ihrem Engagement vor Ort finanziell zu unterstützen und zu fördern – Menschen, die für ihre Rechte oder für den Schutz der Umwelt kämpfen. „Die AktivistInnen vor Ort wissen besser als wir, wo angepackt werden muss“, erläutert Burmeister.

Diese Position ist ein Resultat jahrelanger Diskussionen, Veränderungen und Anpassungen. Als die Organisation 1957 unter dem Namen „Aktionsgemeinschaft für die Hungernden“ ins Leben gerufen wurde, war ihre Aufgabe noch eine andere: den Hunger in der Welt bekämpfen. Ab den 60er Jahren vermittelte sie Kinder- und Heimpatenschaften in armen Regionen wie Vietnam und Indien. Dies sollte sich ab den 70er Jahren ändern. 1979 stellte sie die Unterstützung der Heime ein, da das Geld bei vielen Kindern gar nicht ankam. Stattdessen hatte der Kampf für Menschenrechte von nun an oberste Priorität. Hierfür sollten kleinere Basisgruppen unterstützt werden, die aus eigener Initiative heraus die Situation vor Ort verbessern wollten.

Ab den 80er Jahren wurde die Arbeit der ASW auf die Themenfelder Frauenrechte und Umweltschutz ausgeweitet. Das ist bis heute so geblieben. In den drei Bereichen Menschenrechte, Frauenrechte und Umweltschutz unterstützt die ASW aktuell zum Beispiel folgende Projekte: die Hausangestelltengewerkschaft in Brasilien, viele Adivasi-Gruppen in Indien oder ein lokales Saatgut-Netzwerk im Senegal. Mit insgesamt 60 solcher regionaler Gruppen und Organisationen arbeitet die ASW zurzeit zusammen. Da sie ihre Arbeit fast ausschließlich durch Spenden finanziert, kann sie auch kleinere Initiativen und Projekte fördern, bei denen größere Organisationen den Aufwand scheuen. „Dies passt jedoch oft besser zu den Realitäten vor Ort. Unabhängige Spenden machen dies möglich“, berichtet Burmeister.

Um Spenden für die Arbeit ihrer Partner zu bekommen, macht die ASW Werbung für die Arbeit der Projekte. Neben Infoveranstaltungen lädt sie deshalb regelmäßig VertreterInnen der jeweiligen Gruppen nach Deutschland ein, damit sie ihre Projekte vorstellen können. Anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft führte die ASW Anfang Juli eine deutschlandweite Infotour durch, an der Awa Fall Diop von der senegalesischen NGO Orgens, Devi Kalyani von der indischen NGO Centre for World Solidarity und Creuza Maria Oliveira, Vorsitzende der brasilianischen Hausangestelltengewerkschaft, teilnahmen. Letztere berichtete über den Kampf der Gewerkschaft um die Umsetzung eines Gesetzes, das die zum Großteil weiblichen Angestellten vor sexuellen Übergriffen und Ausbeutung schützen soll.

Über die finanzielle Unterstützung hinaus ist die Vernetzung der Gruppen untereinander ein weiteres wichtiges Anliegen der ASW. In diesem Jahr nahmen VertreterInnen der ASW am Weltsozialforum in Dakar teil, um sich stärker mit anderen NGOs zu vernetzen. Auch die drei Gäste aus dem Senegal, Indien und Brasilien trafen im Rahmen eines Panels am 16. Juli in Berlin aufeinander, um sich über ihre Arbeit auszutauschen.

Wer die ASW unterstützen will, ist herzlich willkommen. Es besteht die Möglichkeit, sich als Mitglied im Vorstand einzubringen, die Präsenz der Gruppe in sozialen Onlinenetzwerken zu stärken oder sich an Aktionen im Rahmen größerer Kampagnen zu beteiligen. „Wir freuen uns über jede helfende Hand“, appelliert Burmeister.

Am 3. September lädt die ASW zu einer Fahrradtour in das brandenburgische Örtchen „Afrika“. Ziel der Tour ist es, afrikanische Projekte vorzustellen und Spenden für ihre Arbeit zu sammeln. Diese bleiben Grundlage für die „Arbeit auf Augenhöhe“ der ASW.

LUKAS DUBRO