Die Dolmetscherin

Für Melanie Dabelstein ist Gebärdensprache ganz normal. Schließlich ist die Chefin einer Hamburger Fahrzeugreinigungsfirma die Tochter gehörloser Eltern. Sie weiß, wie es ist, schon im Kindergarten für die Mutter zu dolmetschen. Ja, sagt sie, etwas isoliert sei sie aufgewachsen, „aber ich will das nicht überbewerten“.

Allerdings spricht sie mit einer gewissen Ehrfurcht vom „Gut des Hörens“. Sie findet, dass man zwischen Hörenden und Gehörlosen vermitteln muss. Deshalb hat sie zur Firmengründung vor 15 Jahren nur Gehörlose eingestellt. Heute sind es vier von zwölf Mitarbeitern, und Dabelstein hat gerade den Hamburger Inklusionspreis bekommen.

Sie hat sich darum nicht beworben, und sie spricht auch nicht groß über ihren Inklusionsbetrieb. „Generell werbe ich nicht damit, möchte aber anregen, dass jeder seinen Beitrag leistet“, sagt sie. Ihre Philosophie lautet: Normalität und Toleranz – weshalb ihre hörenden Mitarbeiter bereit sein müssen, sich auf die Gehörlosen einzustellen. Gebärdensprache brauchen sie nicht. „Man kann vieles zeigen oder aufschreiben“, sagt Dabelstein. „Und wenn Größeres zu besprechen ist, dolmetsche ich.“

Diese Geduld ist für Kunden nicht immer selbstverständlich, weshalb im Hol- und Bringservice Hörende arbeiten. Und natürlich fährt Dabelstein selbst oft den LKW, der die Autos der Kunden transportiert. Diese Branche ist ihr Traum: „Schon als Kind hatte ich Spaß an Fahrzeugen und wusch Autos, um mein Taschengeld aufzubessern.“

Dieses Blitzsaubermachen bereitet ihr Vergnügen, bis heute – dabei waren die ersten Jahre als junge Frau in der Branche nicht leicht. „Ich musste deutlich mehr beweisen als ein Mann.“

Und die Arbeit selbst, das Dreck-Wegmachen? „Finde ich nicht schlimm“, sagt sie. „Jeder Job ist wichtig, solange man einen Beitrag für die Allgemeinheit leistet.“ Dazu gehört nicht nur, dass ihr Betrieb „Umweltpartner Hamburgs“ ist, sondern auch, dass er den Mitternachtsbus für Obdachlose mal günstig reinigt.  PS