IG METALL SETZT STANDARDS: ÖKOLOGIE UND ÖKONOMIE KEIN WIDERSPRUCH
: Die Entdeckung des Umweltschutzes

Das hört man selten von einem Gewerkschaftsboss: Ökologie und Ökonomie sind kein Widerspruch, Arbeitsplatzbedrohung durch Klimaschutz ist nur ein vorgeschobenes Argument, harte Umweltschutzauflagen der EU können hilfreich sein – all das sagt IG-Metall-Chef Jürgen Peters, der auch die Beschäftigten der Automobilindustrie vertritt. Hatte die Branche nicht jüngst wieder drohend vorausgesagt, zigtausend Arbeitsplätze gingen durch strenge Verbrauchsvorgaben verloren? Und malte nicht auch der Gesamtbetriebsratschef von DaimlerChrysler mit bevorstehenden Werkschließungen an dem düsteren Zukunftsbild mit?

Zugegeben – das originäre Ziel von Gewerkschaften ist die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen, deshalb ist die Sorge um Arbeitsplätze keinem Betriebsrat vorzuwerfen. Doch bislang zogen diese häufig an einem Strang mit den Konzernvorständen, wenn es um die Abwehr strenger Umweltnormen ging. So zuletzt in der Energiewirtschaft, als Ver.di Tausende von Mitgliedern zu einer Demo rief, damit möglichst alles bleibt, wie es ist.

Deshalb ist es umso löblicher, dass der rote Peters nun grüne Wirtschaftsideale propagiert. Denn jenseits jeder Parteifarbe muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass eine Industriegesellschaft nur dann zukunftsfähig ist, wenn sie wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz als ein einheitliches Ziel begreift.

Doch Peters hat mit seinen Äußerungen auch Standards gesetzt, an denen sich die Betriebsräte der Automobilindustrie messen lassen müssen. Schließlich sitzen auch sie in den Aufsichtsräten und entscheiden mit über die Konzernpolitik. Dass bei VW noch immer die PS-Fetischisten das Sagen haben, haben die Arbeitnehmervertreter mit zu verantworten. Ebenso, dass Daimler das innovative Smart-Konzept zum Lifestyle-Gefährt hat verkommen lassen. Beim Automobilsalon in Genf protzen die deutschen Hersteller noch immer mehr mit Muckis als mit Hirn. Die nächsten Auto-Shows werden zeigen, ob Peters richtige Ideen auch in den Aufsichtsräten der Konzerne ein Echo finden. STEPHAN KOSCH