„Die große Koalition ist unbeliebt“

Die Sozialdemokraten müssen sich um kaputte Malocher kümmern, sagt der NRW-SPD-Abgeordnete Anton Schaaf

ANTON SCHAAF, 44, ist SPD-Bundestagsabgeordneter und Arbeiter aus Mülheim/Ruhr. Er hat als Maurer und Müllmann gearbeitet.

taz: Herr Schaaf, SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering hat Angela Merkel kritisiert. Sie betreibe zu viel Parteipolitik und sei zu wenig Kanzlerin. Ist das die Mehrheitsmeinung bei den SPD-Abgeordneten?Anton Schaaf: Ich denke schon. Ich kann nicht für alle Kolleginnen und Kollegen sprechen. Aber meine Meinung ist das schon. Franz Müntefering hat recht.

Ihnen käme also nicht der Satz über die Lippen: „Angela Merkel ist meine Kanzlerin“?

Angela Merkel ist unsere Bundeskanzlerin. Wir sind 80 Millionen Bundesbürger – und sie ist die Kanzlerin. Das ist nun mal Fakt.

Begeistert hört sich das nicht an. Wie ist Ihre Arbeitsbeziehung zu Frau Merkel?

Ich habe keine Arbeitsbeziehung mit Frau Merkel. Ich habe als Arbeitsmarktpolitiker vor allem mit Franz Müntefering und seinen Staatssekretären zu tun. Das läuft gut.

Zuletzt haben Sie aber auch die Rente mit 67 kritisiert – eines der wichtigsten Projekte von Müntefering.

Ich habe darauf hingewiesen, dass diese Reform sozial ausgestaltet sein muss. Wir müssen sicherstellen, dass die Angehörigen hochbelasteter Industrieberufe nicht wegen der Rente mit 67 zu Hartz-IV-Empfängern werden. Es geht um Menschen, die sich kaputt gearbeitet haben. Um die müssen wir uns als SPD kümmern.

Sie sind einer der wenigen Arbeiter in der SPD-Bundestagsfraktion. Wie schätzen Sie die Stimmung in der Arbeitnehmerschaft gegenüber der großen Koalition ein?

Diese Koalition ist unbeliebt. Das ist meine Erfahrung, wenn ich in meinem Mülheimer Wahlkreis mit den Leuten spreche. Aber das nützt nichts. Es gibt derzeit keine politische Alternative zu dieser Konstellation. Wir müssen ordentlich unsere Arbeit machen. Das erwarten die Menschen von der SPD. Die anderen können ruhig Parteipolitik machen.

Die SPD hat ordentlich Mindestlöhne vorgeschlagen – aber die CDU lehnt das ab. Ist das Thema damit vom Tisch?

Nein, es wäre fahrlässig, jetzt aufzugeben. Wir arbeiten an Lösungen – beispielsweise indem Tarifverträge in einzelnen Branchen für allgemeinverbindlich erklärt werden.

Ist es im Interesse der SPD, dass die große Koalition bis 2009 hält?

Ich weiß nicht, ob das im Interesse der SPD ist. Es ist im Interesse der Arbeitnehmer, dass wir für sie möglichst viel herausholen, das Machbare hinkriegen. 2009 wird dann abgerechnet.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER