Bei Anruf Überwachung

DATENSCHUTZ Dresdner Polizei spähte bei Protesten gegen Neonazis Handyverbindungen von Tausenden aus. Datenschützer Schaar sieht die Demonstrationsfreiheit bedroht

BERLIN/DRESDEN taz | Die Polizeibehörden in Dresden haben bei den Antinaziprotesten im Februar dieses Jahres die Handyverbindungen von tausenden Demonstranten und Anwohnern ausgespäht. Wie die Staatsanwaltschaft Dresden gegenüber der taz bestätigte, wurde am Nachmittag des 19. Februar in der Dresdner Südvorstadt eine sogenannte Funkzellenauswertung durchgeführt. Dabei wurden von allen Handybesitzern, die sich zu dieser Zeit in dem Gebiet aufgehalten haben, sämtliche eingehende und ausgehende Anrufe und SMS sowie die jeweilige Position erfasst.

Die Funkzellenauswertung sollte zur Aufklärung eines Vorwurfs des schweren Landfriedensbruchs dienen. Dabei erhobene Verbindungsdaten flossen aber auch in Ermittlungen gegen Personen ein, denen lediglich die Störung der Nazidemonstration vorgeworfen wird. Diese Zweckentfremdung der Daten ist juristisch nicht haltbar. Das hat auch die Staatsanwaltschaft Dresden inzwischen erkannt. „Wir halten das für nicht notwendig und nicht verwertbar“, sagte der Dresdner Oberstaatsanwalt Lorenz Haase der taz.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, forderte den Gesetzgeber auf, die Funkzellenauswertung stärker als bisher einzugrenzen. „Ich sehe hier die Demonstrationsfreiheit bedroht“, sagte Schaar.

Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig, der durch die taz von der Funkzellenauswertung erfuhr, hat am Freitag entsprechende Anfragen an Innenministerium, Staatsanwaltschaft, Polizei und Landeskriminalamt gestellt. PW

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