Justizsenatorin im Kreuzverhör

Im Streit um die Law-and-Order-Äußerungen von Oberstaatsanwalt Reusch greift die Opposition Gisela von der Aue im Parlament scharf an: Das Disziplinarverfahren gegen den Beamten nütze niemandem. Senatorin: Ich musste handeln

Für Gisela von der Aue (SPD) war die Sache gestern klar: „Von meinen Äußerungen habe ich nichts zurückzunehmen.“ Die Justizsenatorin zeigte in der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses der Opposition: Es war richtig, den Oberstaatsanwalt und Chef der Intensivtäterabteilung, Roman Reusch, für seine Äußerungen vor knapp drei Wochen mit einem Disziplinarverfahren zu züchtigen. Reuschs „teilweise polemischen Aussagen“ über jugendliche Serienstraftäter durften aus Sicht von der Aues „nicht unkommentiert bleiben“. In der hitzigen Plenardebatte warf ihr die Opposition vor, sie habe zu heftig reagiert.

Für die Grünen gab Dirk Behrendt zu, Reuschs Äußerungen seien „der Sache und der Form nach völlig inakzeptabel“. Von der Aues harsche Reaktion sei aber „ebenso inakzeptabel“. Dadurch bringe die Senatorin eigene Mitarbeiter gegen sich auf.

In einem Spiegel-Streitgespräch hatte Reusch geklagt: „Es gibt nun mal Extremfälle, die sind nicht beeinflussbar, die sind brandgefährlich für ihre Mitmenschen. Solange uns nicht die medizinische Wissenschaft eine Möglichkeit gibt, diese ungefährlich zu machen, hilft halt nur eines: sie so lange wegzuschließen, wie es nötig ist.“ Der FDP-Verfassungsexperte Sebastian Kluckert hielt der SPD-Frau entgegen, das von ihr angestrengte Disziplinarverfahren gegen Reusch sei eine „unverhältnismäßige Reaktion“, sie habe so einen „verdienten Oberstaatsanwalt“ beschädigt.

Einzig CDU-Mann Andreas Gram sprach von einer „bewussten öffentlichen Missdeutung“ von Reuschs Worten. Öffentliche Schmähungen gegen einen Oberstaatsanwalt, der sich qua Amt nicht wehren dürfe, seien falsch: „Wir stehen an der Seite von Herrn Reusch.“ Gereizt konterte der Linkspartei-Rechtspolitiker Klaus Lederer: „Offensichtlich machen Sie sich sich die Ansichten von Herrn Reusch zu eigen. Und das ist ein justizpolitischer Skandal.“ MATTHIAS LOHRE