Zum Erfolg gefördert

Unter dem zugkräftigen Label „Ruff-Klasse“ wird eine ganze Generation junger Fotografinnen und Fotografen aus Düsseldorf zu einer Gemeinschaft gebündelt – ob sie wollen oder nicht

VON KATJA BEHRENS

Helga Meister, Kunstkritikerin und Kennerin der Düsseldorfer Szene, hat im Kunsthallen-Satelliten am Rheinufer KIT (Kunst im Tunnel) die Ausstellung „Nach dem Sputnik – Neue Bilder aus der Düsseldorfer Fotoszene“ kuratiert. Dafür hat sie zwölf junge KünstlerfotografInnen ausgewählt, deren gemeinsamer Hintergrund ihr Studium an der Düsseldorfer Akademie in der Fotoklasse von Thomas Ruff ist.

Der hatte im Jahr 2000 die Nachfolge von Bernd Becher angetreten, die Professur 2006 aber wieder aufgegeben. Obwohl die gezeigten Arbeiten durchaus heterogen sind, verweisen sie doch alle mehr oder weniger deutlich auf ihre Herkunft. Auch die Kuratorin sagt: „Ohne Thomas Ruff wäre die Kunstszene der Stadt nicht das, was sie heute ist.“ Er habe nicht nur das Diasec-Face-Verfahren, bei dem das Foto direkt hinter Acrylglas kaschiert wird, in die Kunstfotografie eingeführt, er habe auch auf grundsätzliche Weise Wahrnehmung thematisiert und das „Original“ zur Disposition gestellt, indem er Motive einfach kaufe.

Doch die jüngere Fotografengeneration will sich kaum mit dem Dokumentieren eines gefundenen Motivs zufrieden geben. Der hohe Anspruch, wieder ein Schöpfer-Künstler zu sein, wird mit aufwendig collagierten, digital manipulierten und inszenierten Bildern zu erfüllen versucht. Dabei treten vor allem die Fotografinnen offensiv auf. Vanessa Jack etwa möchte, das sagt sie deutlich, mit ihren Arbeiten den Vorwurf entkräften, Fotografen seien die weniger kreativen Künstler. Natalie Czech komponiert aus Hunderten freigestellter Bildfragmente großformatige All-over-Teppiche, Martina Sauter kombiniert Bilder aus alten Filmen mit Fotos selbst gefundener Realität zu malerischen Bildobjekten.

Erst auf den zweiten Blick erschließt sich die politische Dimension von „Der Schiffbruch“. Liza Nguyen, die 2004 als Gast in der Ruff-Klasse war, hat Fotos von Strandgut und anderen Fundstücken in einer nüchternen Leuchtkasten-Installation zu einer seltsamen Runde versammelt. Die freischwebenden Objekte erzählen von Flucht und Migration, vom längst nicht mehr verborgenen und doch gern übersehenen Elend, das sich an den Rändern unserer Lebens- und Urlaubswelt nur denen zeigt, die die säuberlich isolierten Dinge in ihren traurigen Kontext zurückstellen. Vielleicht zeigt diese Arbeit auf radikalste Weise die Möglichkeiten des Fotografischen zu kritischer Gesellschaftsanalyse jenseits ästhetischer Überwältigung. Das ist irgendwie beruhigend.

Der gemeinnützige Verein 701, der hier als Ausstellungsinitiator auftritt, wird getragen von „Düsseldorfer Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, Wirtschaft und Politik“, von einflussreichen und einflussnehmenden Größen also, die sich „für die nachhaltige Stärkung der jungen kreativen Szene in der Landeshauptstadt“ engagieren. Das ist natürlich sehr fein, färben doch Ruhm und Ehre einer nachhaltig gestärkten Szene auf die Stadt und ihre Institutionen ab. Warum sollen nicht auch die jungen, potenziell erfolgreichen Künstler-Fotografen, solange sie noch Förderopfer sind, zum Ansehen der Kunststadt Düsseldorf beitragen und ganz nebenbei den Wirtschafts- und Kreativstandort stärken? Im Vorstand des sorgenvoll-patriotischen Vereins jedenfalls versammeln sich neben CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin lauter alte Bekannte aus Politik, Wirtschaft und Kunstwirtschaft, die nun gemeinsam für den Junge-Kunst-und-Sponsoren-Förderverein aktiv werden.

Stadt- und Firmenmarketing werden mit dem Private Public Partnership-Konzept sauber ausgelagert. Und die städtischen Institute sind willige Gastgeber. Schließlich sorgt der Verein 701 „für einen lebendigen Austausch der jungen Kunstszene mit der Wirtschaft“. Mit der Düsseldorfer Straßenbahnlinie 701, nach der der Verein sich benennt, fahren vermutlich aber die wenigsten seiner Mitglieder.

KIT (Kunst im Tunnel), Düsseldorf Bis 15. Juli 2007 Infos: 0211-8920769