DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL
: Das einäugige Monster

PRIAPISMUS Führende Medien haben recherchiert: Sex ist nicht immer ein romantisches Ballett!

Unglaublich, dass „so jemand“ über „so etwas“ tatsächlich „stolpern“ kann

Als Mann könnte man sich ja eigentlich freuen, wenn, wie dieser Tage, die „öffentliche Debatte“ ausnahmsweise mal um sein primäres Geschlechtsorgan kreist. Dabei geht es im Grunde um alte Männer. Der „alte Mann“ (siehe Seite 13) ist das klassische Feindbild unserer Zeit, das Böse, auf das wir uns umstandslos einigen können. Fast automatisch vervollständigen wir die Phrase im Kopf zu „der schmutzige alte Mann“. Schmutzige alte Frauen? Gibt es nicht, nirgends.

Wobei mit „Schmutz“ die Libido gemeint ist, die wir dem älteren Herren unmöglich zugestehen können. Während einvernehmlicher Seniorensex spätestens seit Andreas Dresens „Wolke 9“ vom Tabu zum humanistisch grundierten Gesprächsthema auf Partys avanciert ist, bleiben erotische Verhältnisse zwischen alten Männern und jüngeren Frauen weiterhin Gegenstand spöttischer Kritik. In dieser Erzählung geht es immer um den arrivierten alten Mann auf der einen und das mittellose Opfer auf der anderen Seite, um Machtverhältnisse, um Ausbeutung oder gleich – wie im Fall Dominique Strauss-Kahn – um den Verdacht der Vergewaltigung. Reizend die Verwunderung, dass „so jemand“ über „so etwas“ tatsächlich „stolpern“ könne – ja, worüber denn sonst? Zugleich ist dies natürlich die älteste Erzählung der Welt. Männer mit finanzieller, kreativer oder politischer Macht sind nun mal anziehender als solche, die an der Supermarktkasse sitzen – und sollte die Macht dem testosteronbefeuerten Alphamännchen mal zu Kopf steigen, schaltet sich bestenfalls die Staatsanwaltschaft ein.

Umso hübscher, wie augenzwinkernd der Spiegel das Boulevardthema auf seinem aktuellen Titel unter die Leute bringt: der stilisierte, durchaus erregte Penis als Krawattennadel (womöglich zu beziehen unter www.spiegel.de/shop) – wo doch schon der Schlips als solcher nichts anderes ist als ein Phallussymbol oder, besser, ein Pfeil, der nach unten aufs vermutlich mächtige Gemächt weist.

Als Mann kann man sich nur wünschen, dass diese mediale Dauererektion bald ein Ende hat. Priapismus ist eine gefährliche Sache. Denn danach geht oft gar nichts mehr. FRA