Daten, in Watte gepackt

ERBGUT Das Gen-ethische Netzwerk will mit einer Kampagne über die „DNA-Sammelwut“ des Bundeskriminalamts informieren. Mit von der Partie: ein Wattestäbchen auf zwei Beinen

Ein wandelndes Wattestäbchen sorgte am Montagvormittag in der Mohrenstraße in Mitte für Staunen unter den PassantInnen. Die Verkleidung war Teil einer Performance, mit der das Gen-ethische Netzwerk und andere zivilgesellschaftliche Organisationen vor dem Bundesjustizministerium ihre Kampagne „DNA-Sammelwut stoppen“ starteten. In einem offenen Brief, den ein Beamter des Ministeriums entgegennahm, forderten die AktivistInnen eine bessere Kontrolle und Beschränkung der DNA-Datenbanken beim Bundeskriminalamt (BKA), eine Revision des Gesetzes von 2005, das zu deren drastischer Expansion führte, sowie ein Verbot, Verwandtschaftsbeziehungen und persönliche Eigenschaften durch DNA-Tests zu ermitteln.

Susanne Schultz vom Gen-ethischen Netzwerk verdeutlicht das Ausmaß der Sammelei mit einigen Zahlen: „Seit der Einrichtung der zentralen DNA-Datenbank beim BKA im Jahr 1998 wurden mehr als 700.000 Personendatensätze und 180.000 Spurenprofile gespeichert.“ Aus der Sicht der Datenschützerin soll hier ein „präventiver Überwachungsstaat“ etabliert werden, „in dem jeder, gegen den ermittelt wurde, mittels biologischer Spuren überwacht werden soll“. Nur 4 Prozent der Delikte, die über DNA-Datenbanktreffer ermittelt wurden, seien Kapitalverbrechen gewesen, so Schultz. Sie würden aber medial herausgehoben, um die Akzeptanz der Speicherpraxis in der Bevölkerung zu erhöhen.

Die Kampagne des Netzwerks erinnert dagegen an rechtsstaatliche Grundsätze: Bei Vernehmungen werde zu wenig beachtet, dass DNA nur auf richterliche Anordnung entnommen werden darf, betont Schultz. Sie plädiert für vorausschauenden Datenschutz, auch wenn man seine DNA nicht verschlüsseln oder zu Hause lassen kann. „Die beste DNA ist die, die nicht abgegeben wurde.“ PETER NOWAK