Hundert vergewaltigte Frauen

LIBYEN Den Haag sucht nach Beweisen für Massenvergewaltigungen durch Gaddafis Truppen. Die taz fand sie, in einem Krankenhaus in Bengasi

BENGASI taz | Iman al-Obeidi war zur Heldin der libyschen Rebellen geworden, als sie im März in einem Hotel in Tripolis vor ausländischen Journalisten berichtet hatte, sie sei von 15 Soldaten des Machthabers Muammar al-Gaddafi tagelang festgehalten und vergewaltigt worden. Vor laufenden Kameras wurde sie damals von libyschen Sicherheitsbeamten festgenommen, drei Tage lang war sie verschwunden. Inzwischen gelang ihr die Flucht nach Tunesien. Die Vorwürfe organisierter Massenvergewaltigungen durch Gaddafis Soldaten mehren sich seitdem.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sucht derzeit nach Hinweisen auf systematische Vergewaltigungen im libyschen Bürgerkrieg. Bislang gebe es keine verwertbaren Beweise, heißt es. Einem taz-Reporter ist es nun gelungen, im größten Krankenhaus Bengasis Informationen zu sammeln. Eine Krankenschwester berichtet dort von hundert Frauen, die nach Vergewaltigungen auf ihrer Station eingeliefert wurden. Täglich kämen weitere hinzu. „Vergewaltigung ist in Libyen ein Todesurteil“, sagt die Krankenschwester. Ärzte oder Pflegerinnen, die darüber Auskunft geben, würden bedroht – von den Familien der Opfer wie von Gaddafi-Spitzeln. Der Krankenschwester zufolge sind viele der vergewaltigten Frauen mit Aids infiziert.

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