DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Brechreiz, Linke und Fotos

WAS SAGT UNS DAS? Beginn der Wiesn-Zeit. Und wie jedes Jahr feiern alle den Blog „München kotzt“

München kotzt: Eine einfache Wahrheit während des Oktoberfestes. Und eine Internetseite. Auf dieser sammeln ein paar engagierte Fotografen jedes Jahr die diskreditierendsten Bilder betrunkener Wiesnbesucher. In erster Linie gibt es auf muenchenkotzt.de zu bestaunen: sehr viele Menschen beim Kotzen. Diverse volltrunkene Frauen mit hochgezogenem Rock. Und Pärchen beim Sex am Rande des Oktoberfests. Verpixelt sind die Bilder teilweise so schlecht, dass auch die kurzsichtige Omi Friede nach der dritten Augenoperation ihre Enkelin noch erkennen würde, wie sie da halbnackt und volltrunken auf der „Kotzwiesn“ umherhüpft.

Diskreditierende Fotos betrunkener Menschen findet man überall. 2013 wurde eine 17-Jährige dabei fotografiert, wie sie auf einem Festival öffentlich zwei Typen einen Blowjob gab. Das Foto wurde tausendfach geteilt, das Mädchen als „Slane Slut“ bekannt – und erhielt Massen an beleidigenden Kommentaren im Internet.

„München kotzt“ möchte sich abgrenzen von dem Prollverhalten der Wiesngänger. Es findet großen Anklang bei linken Wiesngegnern, die das Oktoberfest nicht zuletzt als sexistisch kritisieren. Eine Hasskampagne, wie sie gegen das Mädchen von dem Festival stattfand, fänden die Macher bestimmt nicht gut.

Trotzdem machen sie genau das Gleiche wie die Person, die damals das Foto des Mädchens geschossen hat: Sie fotografieren Betrunkene in entwürdigenden Posen oder bei sexuellen Handlungen, um sich dann über sie lustig zu machen.

Und zeigen damit, dass die Lust am Bloßstellen anderer kein Alleinstellungsmerkmal von RTL2 und der Vorzeigesexisten im Internet ist: Fast jeder kann sich an der Entwürdigung fremder Menschen erfreuen. Solange er sich nur selbst auf einer moralisch höheren Ebene fühlt. LAM