Billiglöhner wollen mehr Geld

Bei der VW-Tochter Škoda wird gestreikt. Management fürchtet Konkurrenz im Osten

PRAG taz ■ Die Beschäftigten der tschechischen Volkswagentochter Škoda haben gestern für einen Tag das Werkzeug aus der Hand gelegt. Sie fordern eine Lohnerhöhung von 24 Prozent. Doch das deutsch-tschechische Management des Automobilherstellers bleibt vorerst hart. Es bietet 13 Prozent. Und ab und zu geistert auch das gefürchtete Wort Produktionsverlagerung durch die Werkhallen im mittelböhmischen Mlada Boleslav.

Ziel des Streiks sei es, „der Firma so viel wie möglich zu schaden“, sagt Jaroslav Povsik, Vorsitzender der Gewerkschaft Kovo-Škoda. In jedem Bereich wurde für jeweils zweieinhalb Stunden gestreikt, daher steht die Produktion nicht vollkommen still. Ein paar hundert Škodas anstelle der sonst üblichen 2.500 Fahrzeuge liefen an diesem heißen Dienstag trotz Streik vom Band. Doch die Gewerkschaft zeigt sich kämpferisch. Sollte kein Kompromiss gefunden werden, wird weiter gestreikt. Dabei verdienen die 27.000 Škoda-Arbeiter im Vergleich mit dem Landesdurchschnitt noch gut.

Während das tschechische Durchschnittsgehalt bei etwa 19.000 Kronen (680 Euro) liegt, beträgt der durchschnittliche Škoda-Lohn 22.000 Kronen (785 Euro). Andererseits ist Škoda eine einzige Erfolgsgeschichte. Allein im vergangenen Jahr hat der Autobauer seinen Gewinn um 40 Prozent erhöht. Insgesamt 550.000 verkaufte Fabias, Octavias und Superbs bescherten dem Unternehmen 2006 einen Profit von 11 Milliarden Kronen (knapp 400 Millionen Euro).

Kein Wunder also, dass die Gewerkschaft einen größeren Teil des Kuchens fordert und Billiglohnland für die Produzenten teurer machen will.

Der tschechische Präsident Václav Klaus, seines Zeichens auch Ökonomieprofessor, warnte daher vor einem Dominoeffekt des Škoda-Streiks. Der könnte Gewerkschaften anderer großer Firmen ein Signal geben, ebenfalls eine dickere Lohntüte einzufordern. „Die Lohnerhöhung, um die die Gewerkschaften kämpfen, ist wirklich sehr rapide und kann, angesichts der langfristigen Möglichkeiten des Unternehmens, übertrieben sein“, warnt Miroslav Singer von der tschechischen Nationalbank.

Zumindest könnte eine radikale Lohnerhöhung bei Škoda die VW-Konzernleitung auf den Plan rufen, warnt Škoda-Personalchef Martin Jahn. „Noch ist nicht entschieden, wo die neuen Motoren gebaut werden“, sagt Jahn. Nicht nur der unzufriedenen Belegschaft wegen, sondern auch weil die Krone immer stärker wird, verliert der Standort Tschechien an Attraktivität. Denn während in Mlada Boleslav erneut investiert werden müsste, wären in Deutschland noch Kapazitäten frei, erklärt Jahn. Und nicht nur dort. Denn Volkswagen hat schon längst in neue Standorte investiert. Und die liegen in Russland und in China.

SASCHA MOSTY