Milch und Kuchen

Neue Geschäfte im Film I: Wie sieht das aus, wenn Frauen Männer kaufen? In der sarkastischen Parabel „Korleput“ wird zunächst einmal viel gestreichelt und geküsst

„Macht dir der Job Spaß?“ Franz (Bastian Trost) verneint und fährt fort, Andrea (Christine Groß) sanft und routiniert zu liebkosen. „Du musst dir das so vorstellen: Du bist meine kleine Katze, ich eine Art Tierheim, nur eigentlich interessiere ich mich überhaupt nicht für Tiere.“

In dem Film „Korleput“ ist diese Mann-oben-Frau-unten-Konstellation nur ein Spiel, nur ein kleines Amüsement am Wochenende, in einem tief im Wald gelegen Landhaus, das ein verwunschenes Bordell für Frauen ist. Andrea und Sarah (Angelika Sautter) freuen sich mädchenhaft auf ihren Ausflug. Beide sind elegant, kultiviert, um die vierzig und wohlhabend. Die Assistentin ist nicht nur Chauffeurin, sondern auch Vertraute. Die beruflichen Hierarchien werden selbstverständlich ins Privatleben übernommen. Die Frauen lieben ihre Privilegien und kleben an ihnen wie die Schmeißfliegen. Das Filmemacherinnen-Kollektiv „Hangover Ltd.“ legt in ihrer charmant-sarkastischen Parabel Wert auf realistische Details. Wie also sieht das aus, wenn Frauen Männer kaufen?

Zunächst einmal muss dann viel geküsst, gestreichelt, getanzt und fantasiert werden. Promiskuität ist auch hier immer eingesponnen in Rollenspiele mit Nonne, Adelsfrau, Braut. Nur das Dienstmädchen und die Nutte fehlen. Die sinnlichen Genüsse der Damen verlangen zudem angewärmte Milch in ausgesuchten Schüsseln für „heilige Waschungen“, die dann gemeinsam getrunken werden muss, lauwarmen Kuchenteig zum Daraufsetzen und so weiter. Die Herren agieren professionell: ungerührt und stets zuvorkommend, jung, schlank, austauschbar. Untereinander zanken sie sich ein wenig und sind nicklig, wenn etwas bei der Lustbefriedigung ihrer Freierinnen durcheinandergebracht wird. Bis einer dann die Spielregeln verletzt; er will seine Würde unangetastet sehen. Die Kundinnen finden das unverschämt. Die gute Stimmung ist dahin.

„Korleput“ ist bereits der vierte Film von Christine Groß, Sophie Huber, Ute Schall und Tatjana Turanskyj. Alle sind für alles verantwortlich. Mit „Remake“ erhielten sie 2004 den ersten Preis auf dem Kurzfilmfestival in Oberhausen. Und mit „Korleput“ übersetzen sie Fassbinders Ausleuchtung bürgerlicher Gewaltverhältnisse ins 21. Jahrhundert, in welchem die weibliche Bourgeoisie sich so sehr auf ihren Machtgewinn freut.

INES KAPPERT

„Korleput“. Regie: Hangover Ltd. Deutschland 2007, 73 Min., DV Premiere: Freitag, 13. 4., 20 Uhr in der Volksbühne