Navigation in die Selbständigkeit

Die Gründerinnenzentrale in der Weiberwirtschaft hilft Frauen auf dem Weg zum eigenen Unternehmen. Frauen gehen anders an eine Gründung heran. Sie haben ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer, sind vorsichtiger – und gehen seltener konkurs

VON SOPHIE DIESSELHORST

Therese Christierson ist gelernte Hotelfachfrau. Nach ihrer Lehre arbeitete sie sich hoch: vom Cocktailmixen und Bettenmachen in die Büroetage des Hotels „Berlin“. Mehr als 15 Jahre war sie in verschiedenen großen Hotels für das Marketing zuständig. „Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich gerne mein eigener Chef wäre“, sagt sie. Doch wie macht man sich selbständig? Welche Schritte gehören zu einer erfolgreichen Gründung? „Ich hatte keine Ahnung. Bei der Bank empfahl man mir, mich erst einmal grundlegend beraten zu lassen“, sagt Christierson. So kam sie auf die Gründerinnenzentrale. Im Sommer 2006 war das. Eine Geschäftsidee hatte sie: Marketing für kleine Hotels machen. „In den folgenden zwei Monaten habe ich mit Hilfe der Gründerinnenzentrale einen Businessplan geschrieben“, sagt Christierson. Im September 2006 gründete sie ihre Firma „TC Hotelmarketing“. „So schnell hätte ich das ohne die freundliche und kompetente Beratung der Gründerinnenzentrale nie geschafft“, sagt die 40-Jährige.

Seit einem Jahr gibt es die Gründerinnenzentrale. In dem ebenerdigen Ladengeschäft in Berlin-Prenzlauer Berg hängen an der Wand Porträts erfolgreicher Gründerinnen. Durch die Hintertür geht’s raus in den Hof der Weiberwirtschaft – der größten Frauengenossenschaft Europas. Auf dem Gelände einer ehemaligen Kosmetikfirma haben sich seit 1996 rund 60 Frauenunternehmen angesiedelt. Für Gründerinnen gibt es im ersten Mietjahr eine Starthilfe durch besonders günstige Mieten.

„An die Weiberwirtschaft kamen immer wieder Anfragen von Frauen, die in die Selbständigkeit gehen wollten“, erinnert sich Antje Ripking, eine der vier Mitarbeiterinnen der Gründerinnenzentrale. Bereits 2003 sei der Gedanke entstanden, eine Beratungsstelle für Gründerinnen aufzumachen. Im April 2006 öffnete die Gründerinnenzentrale ihre Türen. Getragen wird sie von der Weiberwirtschaft, finanziell gefördert vom Berliner Senat und vom Europäischen Sozialfonds. Weitere Gelder werben sich die vier Frauen der Gründerinnenzentrale von ihren Kooperationspartnern zusammen: Steuerberaterinnen, Unternehmensberatungen und Banken.

Beraten werden hier nur Frauen. Auch das Team der Gründerinnenzentrale besteht ausschließlich aus Frauen. „Frauen gehen anders an eine Gründung heran. Sie haben ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer, sind vorsichtiger. Dafür gehen weibliche Betriebe seltener Konkurs als männliche“, sagt Antje Ripking. Die meisten weiblichen Gründungen seien Kleingründungen. „Die durchschnittliche Gründerin ist 39 Jahre alt. Ungefähr die Hälfte unserer Klientinnen gründen aus der Arbeitslosigkeit, 20 Prozent geben ihre feste Anstellung auf.“ Zur Beratung kämen Frauen in allen Gründungsstadien. Die häufigste Frage: Wo kriege ich Geld her?

In einem einstündigen Orientierungsgespräch kann man sich gegen 13 Euro Beratungs- und Weiterbildungsangebote vermitteln lassen und sich über die ersten Schritte einer Gründung informieren lassen. Zudem finden in regelmäßigen Abständen Vortragsreihen und offene Sprechstunden zu den Themen Steuern, Recht, Finanzen und Marketing statt.

„Unsere zweite große Aufgabe ist das Schaffen und Pflegen von Netzwerken“, sagt Ripking. Auf der Website der Gründerinnenzentrale können Gründerinnen und solche, die es werden wollen, in einer Kontaktbörse nach Partnerinnen suchen und sich in einem Forum austauschen. Einmal im Monat veranstaltet die Gründerinnenzentrale einen Stammtisch.

Außerdem gibt es die „Erfolgsteams“: Je fünf Gründerinnen tun sich zusammen und treffen sich einmal im Monat, um sich über ihre Fort- und Rückschritte auszutauschen und sich neue Ziele zu stecken. Stefanie Esser ist in einem solchen Erfolgsteam. Die 37-jährige Germanistin begann bereits 2004, selbständig zu arbeiten. Ihre Agentur „textschliff“ bietet die Redaktion und sprachliche Verfeinerung von Texten an. Im Erfolgsteam ist sie zusammen mit Frauen in ganz unterschiedlichen Gründungsstadien. „Unsere Treffen sind stark reglementiert“, so Esser. „Die Redezeiten sind festgelegt. So artet es nicht in eine Schwätzchenrunde aus.“ Nach einem halben Jahr wird Ende April Bilanz gezogen. Und es wird sich herausstellen, ob es wirklich ein Erfolgsteam war, das sich da zusammengefunden hat.

Dass die vier Frauen in der Gründerinnenzentrale ein Erfolgsteam sind, steht dagegen bereits fest: Über 900 Frauen meldeten sich im ersten Jahr persönlich oder per Telefon, mehr als 5.000 besuchten die Website. „Nach dem Kontakt zu uns gingen fast 85 Prozent der Frauen weitere Schritte auf dem Weg in die Selbständigkeit“, berichtet Antje Ripking stolz.

Ausruhen wollen sie sich nicht auf diesen Zahlen. „Wir werden uns in Zukunft verstärkt auf unseren dritten Aufgabenbereich konzentrieren“, so Ripking. „Wir wollen das Image von Gründerinnen stärken und so noch mehr Frauen dazu ermutigen, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen.“