DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Werbeschlange

WAS SAGT UNS DAS? In drei Wochen kommt das neue iPhone. Das Schlangestehen beginnt

Der Medienhype um das iPhone macht die Warteschlange zur perfekten Werbeplattform

Noch sind es fast drei Wochen, bis das iPhone 6 herauskommen soll. Das hindert einige Apple-Liebhaber jedoch nicht daran, schon jetzt vor einem Apple-Store in Manhattan zu campieren. Sie sind mit Schlafsäcken, Liegestühlen und Verpflegung ausgerüstet.

Moon and Jason Ray aus Jackson Mississippi sind extra nach New York gereist. Sie haben sich den ersten Platz in der noch kurzen Schlange ergattert. Richtige Apple-Fans – sollte man meinen. Aber die beiden sind nicht wegen des iPhones hier. Sie wollen eine Medizin-App promoten, die Schlange ist dafür der richtige Ort. Moon und Jason verteilen Werbe-T-Shirts und Visitenkarten.

Der Medienhype um das iPhone macht die Warteschlange zur perfekten Werbeplattform. Wer ganz vorne mit dabei ist, wird gesehen. Wer als Erster da ist, bekommt die größte Aufmerksamkeit der Reporter. Doch die ist teuer erkauft. Für 1.250 US-Dollar pro Person haben Moon und Jason den Platz der Gruppe abgekauft, die vor ihnen da war. Auch Brian Ceballo und Joseph Cruz aus New York, die zu dieser Gruppe gehören, tragen Werbe-T-Shirts – diesmal ist der Sponsor ein Elektronikmarkt. Es heißt, er habe ihnen neben der Verpflegung auch das neue Smartphone versprochen. Bereits 7.000 US-Dollar habe er durch das Warten in der Schlange verdient, sagte Ceballo dem Nachrichtenportal Cnet.

Das Ausmaß des Hypes um das iPhone ist absurd. Die große Aufmerksamkeit lockt Menschen an, die davon profitieren wollen. Auch beim neuen iPhone blicken die Medien mit ungebremster Faszination auf die Schlangen vor den Apple-Stores.

Heute hat fast jeder ein Smartphone in der Tasche, da sollte ein neues iPhone doch recht normal sein. Warum sich Menschen trotzdem wochenlang in eine Warteschlange stellen, um es als Erste zu bekommen, bleibt ein Rätsel. Eines ist jedoch sicher: Apple ist nicht mehr das einzige Unternehmen, das von der kostenlosen PR profitiert.ANDREAS SCHMALTZ