Rotaprint macht weiter Druck

Auch Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer fordert nun, die Rotaprint-Grundstücke im Wedding an die Künstler und Gewerbetreibenden zu verkaufen. Dem widersetzt sich Finanzsenator Sarrazin

VON UWE RADA

Nach dem Bezirksamt Mitte setzt sich nun auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) dafür ein, das Rotaprint-Gelände im Wedding aus einem Immobilienpaket des Liegenschaftsfonds herauszulösen. „Wir unterstützen die Rückübertragung der beiden Grundstücke an den Bezirk“, bestätigte gestern Junge-Reyers Sprecherin Petra Rohland der taz. Damit scheint nun tatsächlich eine Lösung des Streits um das von Künstlern und Gewerbetreibenden genutzte Gelände in Sicht. Während die Nutzer selbst kaufen wollen, hatte der Liegenschaftsfonds beide Grundstücke in ein Immobilienpaket gegeben, über das derzeit mit einem isländischen Finanzinvestor verhandelt wird. Der, hieß es, wolle im Wedding Loftwohnungen errichten.

Die Unterstützung Junge-Reyers, bekräftigte Sprecherin Rohland, gelte auch bei einem Weiterverkauf des Geländes durch das Bezirksamt Mitte an die derzeitigen Nutzer. Einzige Einschränkung: „Das Gelände darf hinterher nicht an Dritte übertragen werden.“ Damit will die Stadtentwicklungsverwaltung ausschließen, dass die Nutzer das ehemalige Areal der Druckmaschinenfabrik Rotaprint zu Spekulationszwecken kaufen.

Wie berichtet, hatte das Bezirksamt Mitte vergangene Woche auf Antrag von Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) beschlossen, die beiden Grundstücke Wiesenstraße 29 und Gottschedstraße 4 aus dem Liegenschaftsfonds von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zurückzufordern. Damit solle das Atelierhaus in der Wiesenstraße erhalten und die Initiative Exrotaprint bei der Entwicklung des Grundstücks unterstützt werden, teilten Gothe und Mittes Bezirksbürgermeister Christian Hanke (ebenfalls SPD) mit.

Eine Rückübertragung hatte auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit bei einer Senatssitzung Mitte Februar befürwortet. Ein entsprechendes Schreiben von Sarrazin an das Bezirksamt wurde von der Finanzverwaltung hinterher aber widerrufen. Eine Rückübertragung des Geländes an den Bezirk sei nicht möglich, wenn der es anschließend weiterverkaufen wolle, hatte Sarrazins Sprecher Matthias Kolbeck betont. Der Verkauf von Grundstücken sei einzig und alleine die Angelegenheit des Liegenschaftsfonds.

Mit der Stellungnahme Junge-Reyers, die sich bislang im Streit um das Rotaprint-Gelände nicht hatte äußern wollen, gerät Finanzsenator Sarrazin mit seiner Blockadehaltung mehr und mehr in die Defensive. Neben Junge-Reyer und dem Regierenden Bürgermeister unterstützt auch Kulturstaatssekretär André Schmitz die Entwicklung des Rotaprint-Geländes zu einem anwohnernahen Gewerbe- und Kulturstandort.

Gleichwohl wollen die Nutzer weiter politischen Druck ausüben. „Trotz aller Unterstützung kann es sein, dass sich der Liegenschaftsfonds mit dem Investor einig wird, bevor die beiden Grundstücke aus dem Paket herausgelöst werden“, sagt Les Schliesser vom Verein Rotaprint. Mit dieser Position wollen die Nutzer nun auch verstärkt bei den Abgeordneten des Berliner Parlaments werben. Immerhin muss der Verkauf des bislang größten Immobilienpakets des Liegenschaftsfonds noch vom Berliner Abgeordnetenhaus bestätigt werden.

Der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses und Exkultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) bekräftigte gestern noch einmal, dass er einem Verkauf des Paktes einschließlich der beiden Rotaprint-Grundstücke nicht zustimmen werde. „Die politische Lösung ist machbar, nun muss dieser Weg gegangen werden“, sagte Flierl der taz. Die rot-rote Senatskoalition hat im Abgeordnetenhaus gegenüber der Opposition eine Stimmenmehrheit von zwei Stimmen. Auch die Grünen unterstützen eine Rückübertragung des Rotaprint-Geländes an den Innenstadtbezirk.