„Nach 25 Jahren ist ein Wechsel gut“

WAHLEN Ines Beese leitet das Museum Alte Synagoge in Erfurt. Sie wünscht sich mehr Geld für Kultur und Bildung. Als Angestellte der Stadt kennt sie aber auch das Problem klammer öffentlicher Kassen

■ 49, ist Leiterin des Museums Alte Synagoge in Erfurt. Die Synagoge ist über 900 Jahre alt und die älteste vollständig erhaltene Synagoge in Europa.

taz: Frau Beese, gehen Sie wählen?

Ines Beese: Selbstverständlich.

Wieso?

Weil es für mich als Bürgerin das fast einzige Mittel ist, mich in einer Demokratie einzubringen und auszudrücken, welche Art der Regierung und Politik ich in Deutschland möchte.

Wünschen Sie sich mehr Möglichkeiten, sich in die Politik einzubringen?

Das ist immer situationsabhängig. Ab und an würde ich mir beispielsweise einen Volksentscheid wünschen.

Was erwarten Sie von der anstehenden Landtagswahl in Thüringen?

Ich hoffe auf eine höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Landtagswahl. Und dass die NPD nicht in den Thüringer Landtag einzieht. Darüber hinaus wünsche ich mir einen Regierungswechsel. Nach 25 Jahren ist es gesund, wenn ein Wechsel vollzogen wird – völlig unabhängig von der Partei.

Wo muss in Thüringen am meisten etwas passieren?

Als Bewohnerin der Stadt Erfurt wünsche ich mir mehr Engagement und mehr Geld vom Land für den Kulturbereich. Als Angestellte der Stadt weiß ich aber, in welchen finanziellen Nöten eine Kommune oft steckt. Die Zuwendungen für den Kulturbereich kommen deshalb oft an letzter Stelle. Das kann ich teilweise nachvollziehen. Dennoch haben wir im Kulturbereich einen Bildungsauftrag für das gesamte Land. Das fängt bei Theatern und Orchestern an und geht bis hin zu Vereinen und dem Sport. Auch in der Bildungspolitik wünsche ich mir Veränderungen. Vermittlung von Wissen ist in jedem Alter wichtig.

Sie leiten das Museum Alte Synagoge in Erfurt. Vor vierzehn Jahren gab es einen Brandanschlag auf die Neue Synagoge in Erfurt. Was ist seitdem passiert?

Ich kann nicht für die Jüdische Gemeinde sprechen. Meine Zusammenarbeit mit der Gemeinde war immer vertrauensvoll. Ich kann mir aber vorstellen, dass sich die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde eine Normalität wünschen. So wie ich auch.

Die Normalität sehen Sie aber nicht?

Nicht uneingeschränkt, leider.

Woran machen Sie das fest?

Das ist zwar unabhängig von der Jüdischen Gemeinde, aber hier in Erfurt ist beispielsweise vor zwei Tagen ein dunkelhäutiger Mann, der auch im Ausländerbeirat aktiv ist, angegriffen worden. Mit den üblichen Parolen und am helllichten Tag. Solange es so etwas hier noch gibt, kann man nicht von Normalität sprechen.

Zum Schluss: Wissen Sie schon, wen Sie wählen?

Ja.

Verraten Sie es uns?

Nee. Das Wahlgeheimnis ist schon etwas Wichtiges.

INTERVIEW: GIL SHOHAT