„Das kann jeder“

SELBERMACHEN Temporäre Hightech-Werkstatt in St. Pauli lädt zur dreistündigen Handy-Produktion ein

■ 47, ist freier Journalist, Autor und Mitbegründer des Hamburger Fab Labs. Foto: Harro Albrecht

taz: Herr Boeing, wie baut man sich sein Handy selbst?

Niels Boeing: In den nächsten Wochen bieten wir zwölf Handy-Workshops an. Das Do-it-yourself-Phone besteht aus 73 Einzelteilen, die Materialkosten liegen bei rund 100 Euro. Die meisten davon sind industriell gefertigt und nicht unbedingt fair. Bis wir alles selber machen können, wird es noch dauern. In den dreistündigen Workshops löten wir die Teile zusammen, bespielen sie mit Software und bauen individuelle Gehäuse. Prinzipiell kann das jeder, es haben sich natürlich viele Elektro-Profis und langjährige Tüftler angemeldet, aber auch Mutige aus anderen Berufen. Das fertige Handy kann telefonieren, SMS versenden und Kontakte speichern. Wir wollen zeigen, dass elektronische Produkte keine „Black Boxes“ sein müssen und die Frage stellen, wie die Hightech-Produktion der Zukunft aussehen soll.

Welche Menschen möchten im Zeitalter der Smartphones ein selbst gebautes Handy mit primitiven Anwendungen?

Verbraucher werden immer misstrauischer. Viele Menschen wollen genau wissen, wie ihr Produkt ins Regal gekommen ist. Selbst gebaute Handys bieten eine durchschaubare und sozialere Alternative zur Massenproduktion. Und einige Menschen reizt gerade die Schlichtheit.

Das Projekt wird angeboten vom Fab Lab Fabulous St. Pauli. Was ist ein Fab Lab?

Fab Lab steht für „Fabrication Laboratory“ und ist eine offene Werkstatt, in der auch Nicht-Experten komplexe elektronische Produkte herstellen können. Es gibt immer mehr Maschinen wie 3-D-Drucker, deren Konstruktionspläne und Steuersoftware als Open Hardware frei verfügbar sind. Sie ermöglichen Menschen, die mit der industriellen Produktionsweise unzufrieden sind, sich ihre individuellen Wünsche selbst zu erfüllen. Das erste Fab Lab wurde 1998 in den USA eingerichtet, inzwischen gibt es weltweit über 100. In unserem Fab Lab ist schon eine Ostereieranmalmaschine entstanden.

Auf welche selbst gemachten Hightech-Produkte sind Sie stolz?

Ich hab mal ein Zahnrad für eine alte Stanzmaschine gedruckt, für die keine Ersatzteile mehr erhältlich waren. Jetzt läuft die alte Maschine wieder. Mit einem einzigartigen, kleinen Plastikteil, das der 3-D-Drucker innerhalb von zwei Stunden ausgespuckt hat. INTERVIEW: LEONIE SONTHEIMER

Projekt „Fábrica“ des Fab Lab Fabulous St. Pauli e. V.: ab heute, bis 7. September, Park Fiction, St. Pauli Fischmarkt 19