Wow! Mannomann!

WAS SAGT UNS DAS? Die Katastrophe in Bild und Ton ist pure Pornografie. Danke für die Erkenntnis, ZDF!

Und dann gab es da dieses „heute journal“ vom 12. März. Das ZDF berichtete offenbar ganz anständig über die Katastrophe in Japan, und zum Ausklang der Sendung erklärte Marietta Slomka mit der üblichen versteinerten Miene: „Die Bilder dieser Katastrophe, die um die Welt gegangen sind, haben wir jetzt nochmal zusammengefasst.“ Und schon blühte wieder die Rauchwolke über Fukushima auf, wirbelten Lieferwagen auf schmutzigen Wellen durch die Straßen, trugen Helfer kleine Kinder durch Trümmerfelder, knieten alte Frauen nieder zum Gebet, segelten losgerissene Fertighäuser über überflutete Felder und flüchteten Menschen aus einstürzenden Einkaufzentren – zu den einschmeichelnden TripHop-Klängen von Massive Attacks „Teardrop“. Was zum Teufel sollte das?!

Meine Empörung allerdings schlug schon schnell um in Scham. Was hatte ich die vergangenen Tage gemacht? Am Computer gehangen und mir verwackelte Filmchen darüber angeschaut, wie es so aussieht, wenn ein Tsunami sich Bahn bricht. Irgendwann wollte ich nicht mehr von bebenden Stimmen auf Japanisch kommentierten Filmchen mehr, sondern den unbearbeiteten Stoff, bei Youtube als „raw material“ einsehbar. Ich wollte hören, wie das klingt, wenn Metall unter Wasser über Beton schabt, wenn die Aufbauten einer Yacht unter Brückenbögen eingefaltet werden, solche Sachen. Besonders fasziniert hat mich die der ersten Explosion in Fukushima vorausgehende Druckwelle, die konnte man nämlich förmlich sehen. Schwarzes Wasser, das idyllische Küstenstädte binnen Sekunden in Kriegsgebiet verwandelt. Eine verstörende Trance, aus der mich erst das ZDF mit seiner plakativen Geschmacklosigkeit erweckte. Erst als es diese Puffmusik unter sein Entsetzensmedley legte, wurde mir klar, was ich mir da zuvor im Netz angeschaut hatte: Naturgewalten, die wirklich etwas kaputtmachen, nicht die künstliche Hollywood-Bruckheimer-CGI-Variante, the real thing, eben ein Katastrophenporno, Abteilung amateur und snuff. Vielleicht nur natürlich, klar, aber allzu natürlich, nämlich entwürdigend primatenhaft hatte ich mich verhalten. Sage noch einer, das ZDF käme seinem Bildungsauftrag nicht nach. FRA