Merkels Kettenreaktion

ATOMKRAFT Die Bundesregierung reagiert auf atomares Desaster in Japan: Neckarwestheim muss vom Netz, Laufzeitverlängerung für drei Monate ausgesetzt

BERLIN taz | 13 Tage vor der drohenden Wahlniederlage von CDU und FDP in Baden-Württemberg hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Konsequenzen aus der AKW-Katastrophe in Japan angekündigt: Sie setzte die erst im Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke für drei Monate aus. Das Atomkraftwerk Neckarwestheim I geht deshalb vom Netz. Das kündigte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) an.

Alle Meiler würden im Lichte der Erkenntnisse aus Japan einer genauen Prüfung unterzogen, sagte Merkel. „Es gibt bei dieser Sicherheitsüberprüfung keine Tabus.“ Eine Gesetzesänderung sei für diesen Schritt nicht notwendig.

Alle Meiler, die nur wegen der Laufzeitverlängerung noch am Netz sind, sollen abgeschaltet werden. Dies betrifft den 1976 fertiggestellten Block 1 des AKWs im baden-württembergischen Neckarwestheim und offenbar auch Biblis A in Hessen (Baujahr 1974). Neckarwestheim wäre nach den rot-grünen Plänen bereits gestoppt worden. Biblis A verfügt noch über Reststrommengen bis zum Sommer, sagte ein Sprecher des Betreibers RWE. Der Meiler soll allerdings ohnehin im Juni für acht Monate wegen Revisionsarbeiten vom Netz gehen. Der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) will zudem nach Angaben aus CSU-Kreisen das AKW Isar I (Baujahr 1977) abschalten. Die Kanzlerin kündigte für die nächste Zeit Gespräche mit den Kraftwerkbetreibern an. Heute will Merkel mit den Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer zusammenkommen. Einen generellen Verzicht auf die Atomenergie lehnte sie ab.

SPD, Grüne und Linke kritisierten Merkels Ankündigung. Ein kurzes Moratorium sei unzureichend.