… MICHAEL STIPE IN BERLIN?
: Sich in der Stadt irren

R.E.M. sind nicht eben das, was man eine „hoffnungsvolle Garagenband“ nennen würde. Ihr Erfolg wurzelt vor allem darin, dass sie seit „Automatic For The People“ den kreativen Quellcode ihrer Songs nicht mehr angerührt haben, also seit 1992 immer mal wieder den gleichen Song schreiben.

Ihr aktuelles Album „Collapse Into Now“ nun hat das Trio in den Berliner Hansa-Studios aufgenommen, und auch die Single „Überlin“ könnte etwas mit Berlin zu tun haben. Alles, was mit Berlin zu tun hat, schmeichelt Berlin sehr.

Zwar klingt „Überlin“ auch wieder nur wie eine etwas flotter gespielte Version des R.E.M.-Hits „Drive“ von vor 19 Jahren, aber dafür gibt es schon zwei offizielle Videos zum Song. Das erste ist eine Art virtueller Rundflug durch das Liniennetz der BVG, wobei die Namen der Haltestellen durch den Text von Michael Stipe ersetzt wurden. Im zweiten Clip hüpft ein lässiger Tänzer durch ein charmant heruntergekommenes Stadtviertel, das eben nicht Neukölln ist, sondern vermutlich in London zu finden ist. Auch mit dem Berlinbezug des Songs ist es nicht weit her: „Überlin“ ist ein mattes Wortspiel mit dem hippen teutonischen Fremdwort „über“, das im Englischen „hyper“ ersetzt hat. Im Text, in dem es um durchzechte Nächte geht, ist von einer „U-Bahn“ die Rede, aber das war’s auch schon. „Überlin“ ist eine verstrahlte Hymne für den ebenso verstrahlten Easyjetset.

Und dem ist es ja eher schnuppe, in welche Stadt es ihn verschlagen hat. FRA   Foto: reuters