Jagd nach fremden Federn

SOFTWARE Zwei Dutzend Programme versprechen, Plagiatoren zu überführen. In manchen Universitäten sind solche Überprüfungen bereits Pflicht

Wer geistigen Diebstahl nachweisen will, muss Google benutzen

BERLIN taz | Wie findet man im Internet heraus, ob jemand Textpassagen gestohlen oder ohne Quellenangabe übernommen hat? Es gibt rund zwei Dutzend Software-Systeme, darunter auch kostenlose, die versprechen, Plagiatoren zu überführen. Einige Universitäten, vor allem im englischsprachigen Raum, verpflichten Studenten, ihre Arbeiten mit diesen Systemen überprüfen zu lassen.

Marktführer ist Turnitin, erfunden von John Barrie, einem Studenten der Neurobiologie. Das Programm analysiert digitale Texte anhand eines Algorithmus, der dem Original, das bei der Firma vorliegen muss, eine Art digitalen Stempel aufdrückt und diesen Fingerabdruck dann mit den Fundstellen auf Websites vergleicht.

Im Jahre 2007 klagten US-amerikanische Studenten gegen den Einsatz von Turnitin, weil sie ihr Urheberrecht verletzt sahen, wenn ihre wissenschaftlichen Arbeiten von einem kommerziellen Unternehmen benutzt würden, um Plagiate anderer zu finden. Die Klage wurde abgewiesen. Experten halten Turnitin allerdings für ein Placebo und raten vom Einsatz ab. Automatisierte Software erkenne Plagiate nicht zuverlässig und könne zwischen geistigem Diebstahl und Zitat nicht scharf genug unterscheiden.

An der österreichischen Alpen-Adria-Universität Klagenfurt wird die deutsche Software Docol©c eingesetzt, die von einem Institut in Bielefeld entwickelt worden ist. Die Studenten wurden verpflichtet, ihre Diplomarbeiten und Dissertationen auch in digitaler Form abzugeben, damit das Programm eingesetzt werden kann. Eine nachvollziehbare Evaluation, wie viele Plagiate seitdem aufgedeckt wurden, ist bisher allerdings nicht erhältlich.

Das Intellectual Property Rights Helpdesk, ein gemeinsames Projekt der Patentämter der EU, hat gegen den Einsatz von Anti-Plagiats-Software grundsätzlich Bedenken: Ohne die Zustimmung der Betroffenen dürften deren Werke nicht auf Servern von Firmen gespeichert werden, die diese Programme anbieten.

In Wahrheit ist die Suche nach den fremden Federn viel einfacher. Katrin Köhler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Internationale Medieninformatik der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, hat die rund zwei Dutzend Software-Programme untersucht, ihr Fazit: „Kein System arbeitet wirklich zuverlässig.“ Seit Beginn der Analysen vor rund sieben Jahren seien die Angebote sogar schlechter geworden.

Wer wirklich geistigen Diebstahl nachweisen wolle, müsse schlicht die Suchmaschine Google benutzen. Google und andere Suchmaschinen indizieren nicht nur Inhalte von Websites, sondern auch andere Dateiformate wie etwa das weit verbreitete Portable Document Format (PDF). Man muss aber die sogenannte Boole’sche Algebra beherrschen, die Art und Weise, mit der Suchbegriffe oder ganze Zeichenketten miteinander kombiniert werden. BURKHARD SCHRÖDER