Ein Gewinn für Berlin
: KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH

Rudi Dutschke ist zurück auf der Straße. Der Versuch der CDU, eine nach dem verstorbenen Studentenführer benannte Straße in Kreuzberg per Bürgerentscheid zu verhindern, hat eine deutliche Abfuhr bekommen. Die rückwärts gewandten Christdemokraten haben es nicht geschafft, ihre Wählerschaft gegen Dutschke zu mobilisieren. Beim Bürgerbegehren hat sich eine deutliche Mehrheit für die Ehrung des 1979 verstorbenen Studentenführers ausgesprochen.

Dennoch ist das kein später Sieg für Rudi Dutschke. Der benötigt keine Straße. Aber es ist ein Gewinn für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, ein Gewinn für die Stadt Berlin und letztlich auch für die gesamte Bundesrepublik. Denn am deutschen Eck, an der Kreuzung Rudi-Dutschke-Straße Axel-Springer-Straße, wird künftig ein Stück bundesdeutsche Geschichte sichtbar. Ein Ort, an dessen Widersprüchlichkeit sich künftige Besucher reiben können.

Trotz ihrer absehbaren Niederlage muss man der CDU danken. Erst durch ihr Engagement ist der Kampf um die Dutschkestraße in eine Entscheidung gemündet, an der alle WählerInnen des Bezirks teilnehmen konnten. Die CDU ist über ihren Schatten gesprungen und hat als Erste im Bezirk das noch neue Instrument des Bürgerbegehrens gewählt, ganz klassisch, um die Position einer Minderheit in der Debatte halten zu können. Sie hat – und das ist Ziel der Bürgerbeteiligung – eine Entscheidung von oben zwar nicht verhindert, aber immerhin gebremst. Den Christdemokraten ist es gelungen, die Möglichkeiten eines basisdemokratischen Instruments der breiten Masse vorzuführen. Eine größere Ehre könnte man einem Radikaldemokraten wie Rudi Dutschke gar nicht erweisen.

Auf dem langen Marsch durch die Institution steht die Umbenennung der Kochstraße nun nur noch vor einer Hürde: Eine Gruppe von Anwohnern unter Beteiligung des Axel Springer Verlags will die Dutschkestraße vor Gericht verhindern. Dem Springer Verlag steht nun der jahrelange Weg durch die juristischen Instanzen bevor. Angemessener aber wäre, er würde sich der mehrfach auf demokratischem Weg bestätigten Entscheidung beugen und in aller Großmut seine Klage zurückziehen.