Für die Kultur bleibt nichts übrig

CITY TAX BRINGT WENIG EIN

Die Kultur lockt die Touristen. Doch von deren Geld kriegt die Kultur nichts

Seit Anfang des Jahres müssen Berlintouristen eine sogenannte Bettensteuer zahlen. Diese City Tax entspricht 5 Prozent der Übernachtungskosten. Ausgenommen davon sind lediglich Geschäftsreisende. Hamburg und Köln haben schon länger eine derartige Regelung, da war es nur folgerichtig, dass die für Touristen weit attraktivere deutsche Hauptstadt in dieser Hinsicht nachziehen würde.

Begleitet wurde der Prozess zur Einführung der City Tax von Beginn an von der Frage: Wohin genau mit dem unerwarteten Geldfluss? In Berlin fallen einem natürlich schnell genug Löcher ein, die zu stopfen wären. Und dann gibt es da ja noch diese Flughafenbaustelle am Stadtrand, die permanent mit Geld gefüttert werden will.

Trotz dieser Konkurrenz haben sich Künstler und Kulturschaffende in Berlin zusammengetan und versucht, die Einführung der City Tax mit einem Diskurs zu verknüpfen, in dem es natürlich um ein Eigeninteresse geht; darum nämlich, dass man einen Teil des Geldes schlichtweg gerne für sich hätte. In vielen Diskussionen, Aktionen und verschiedenen Bündnissen hat man über die letzten Jahre herausgearbeitet, dass man dieses Geld aber mit einem durchaus guten Grund für sich beansprucht. Schließlich, so die Argumentation, ist es die Kultur – und zwar vor allem die wilde und subversive Kultur –, die man weltweit mit Berlin assoziiert. Und die folglich in den vergangenen Jahren zu dem bekannten Touristenboom in Berlin geführt hat.

Man hat sich aufgerieben in zähen Verhandlungen mit André Schmitz, dem einstigen Kulturstaatssekretär, der stets den Eindruck vermittelte, Vertreter der Freien Szene und ihre Anliegen nicht wirklich für voll nehmen zu müssen. Schmitz und Wowereit haben sich irgendwann das vage Versprechen abringen lassen, immerhin die Hälfte der Einnahmen der City Tax der Kultur zu überlassen. Daraus wurde Ende vergangenen Jahres folgende Losung: Alle Einnahmen über 25 Millionen Euro gehen – wahrscheinlich – an die Freie Szene.

Am Dienstag sind nun die ersten Zahlen gekommen. Danach hat die City Tax von Januar bis Mai diesen Jahres lediglich 5,8 Millionen Euro eingebracht. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass wir den herrlichsten Sommer seit Zählung herrlicher Sommer haben werden und entsprechende Besucherzahlen, ist klar, dass es 2014 auch nach der optimistischsten Hochrechnung keine 25 Millionen Euro City-Tax-Gesamteinnahmen geben wird; und dass demnach auch kein Cent in Richtung Freie Szene fließen wird.

Christophe Knoch, der Sprecher der Freien Szene, meint angesichts der City-Tax-Farce: „Wir sehen, das ist alles ein Witz gewesen.“ Nur lacht darüber niemand. ANDREAS HARTMANN