Der frühere Präsident muss zum Verhör ins Gefängnis

FRANKREICH Sarkozy steht im Verdacht, sich illegal Informationen aus der Justiz beschafft zu haben

Sarkozy hat wegen der Abhörmethoden empört von „Stasi-Methoden“ gesprochen

PARIS taz | Der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat am Dienstagmorgen einer Vorladung der Kriminalpolizei von Nanterre in Westen von Paris Folge geleistet. Dort ist er zur Einvernahme in Gewahrsam genommen worden und kann jetzt während maximal 48 Stunden befragt werden. Es ist das erste Mal, dass die Justiz gegen einen Expräsidenten zu diesem Zwangsmittel greift.

Sarkozy wird verdächtigt, sich über seinen Anwalt Thierry Herzog auf illegale Weise in höchsten Polizei- und Justizkreisen Informationen zu laufenden Ermittlungen beschafft zu haben. Aufgrund abgehörter Telefongespräche vermutet die Polizei, dass der ehemalige Staatschef unbedingt wissen wollte, was in verschiedenen Untersuchungsverfahren gegen ihn vorlag. Namentlich interessierte ihn offenbar brennend der Stand in der Affäre Bettencourt, in der es um illegale Parteifinanzierung und Ausnutzung der Altersschwäche der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt geht, aber auch um eine eventuelle Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2007 durch den libyschen Machthaber Gaddafi. Diese Ermittlungen waren der Grund, warum Sarkozys Telefongespräche überwacht wurden.

Sarkozy und Herzog hatten sich darum Mobiltelefone unter falschem Namen beschafft, um unbelauscht über möglicherweise kompromittierende Angelegenheiten diskutieren zu können. Damit haben sie sich aber erst recht verdächtigt gemacht. Die privaten Gespräche wurden von der Polizei auf richterliche Anweisung protokolliert und werden jetzt als Belastungsmaterial eingesetzt. Sarkozy hatte deswegen empört von „Stasi-Methoden“ gesprochen.

Neben dem Pariser Advokaten Herzog sind am Montag zwei Generalstaatsanwälte des Kassationsgerichts zur Befragung vorgeladen worden. Einer von ihnen, Gilbert Azibert, wird verdächtigt, Sarkozys Anwalt geheime Informationen geliefert zu haben. Als Gegenleistung sei Azibert in Aussicht gestellt worden, mit Sarkozys Hilfe auf einen bedeutenden Posten im Fürstentum Monaco nominiert zu werden. Ende Februar ist deswegen eine Voruntersuchung eingeleitet worden. Nach dem Verhör entscheiden die Untersuchungsrichter über die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens.

Die plötzliche Beschleunigung der Ermittlungen in dem Bestechungsverdacht kommt für Sarkozy sehr ungelegen, da er seine Rückkehr in die aktive Politik vorbereitet und sich mit dem Gedanken trägt, für sein Comeback im Herbst den Vorsitz der konservativen UMP zu übernehmen. Die Partei steckt in einer schweren Krise wegen der Finanzierung der Präsidentschaftskampagne 2012 um Sarkozys Wiederwahl. RUDOLF BALMER