Lebensretterin der Mörder

Eine bessere Verteidigerin hätte sich Jared Lee Loughner nicht wünschen können. Bei seinem ersten Auftritt vor Gericht am Montag akzeptierte der 22-Jährige, der wegen der Bluttat von Arizona des mehrfachen Mordes und versuchten Mordes angeklagt ist, die 58-jährige Judy Clarke als seine Pflichtverteidigerin.

Clarke ist eine der profiliertesten VerteidigerInnen der USA – und Fälle wie Loughner sind ihre Spezialität. Ziel der Verteidigung: keine Todesstrafe. Das ist eine persönliche Überzeugung der in North Carolina in konservativem Elternhaus aufgewachsenen Anwältin: Sie lehnt die Todesstrafe aus prinzipiellen Erwägungen ab.

Das allein allerdings könnte die Erfolge nicht erklären, die Clarke zu einer US-weiten Berühmtheit gemacht haben. 1995 erreichte sie, dass die damals 24-jährige Susan Smith, die drei Jahre zuvor ihre beiden kleinen Kinder im Auto in einen See gefahren und ertränkt hatte, nicht zum Tode verurteilt wurde. 2005 handelte sie einen Deal für Eric Rudolph aus, den sogenannten Olympiaparkbomber von 1996, der ihm das Leben rettete. 1998 verhinderte sie die Todesstrafe für den als „Unabomber“ bekannt gewordenen Theodore Kaczynski, der zwischen 1978 und 1995 drei Menschen getötet und etliche verletzt hatte. Und 2006 erwirkte sie als Verteidigerin von Zacarias Moussaoui, dass auch der als „20. Attentäter des 11. September“ angeklagte Mann nicht hingerichtet wurde, sondern eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verbüßt.

Fleißig, detailbesessen und mit scharfem juristischen Verstand findet Clarke die Schwachstellen der Anklage, auch und gerade bei jenen Fällen, in denen die US-amerikanische Öffentlichkeit ein klares Urteil längst gefällt hat. Im Fall des Jared Lee Loughner liegen mehrere Strategien auf der Hand: Der geistige Gesundheitszustand des Angeklagten, und die Befangenheit der Richter und Geschworenen. Das weiß auch die Gegenseite, und so erklärten sich alle Bundesrichter aus Tucson selbst für befangen, weil sie mit ihrem getöteten Kollegen John Roll befreundet waren. Clarke strebt jetzt an, gleich alle Bundesrichter aus ganz Arizona für befangen zu erklären. BERND PICKERT

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