Kriegsführung mit allen Mitteln

UKRAINE OSZE-Beobachter festgenommen, Hubschrauber abgeschossen: So antworten die Separatisten auf die Regierungsoffensive

„Wir haben sie festgenommen. Jetzt klären wir, wer sie sind“

REBELLENCHEF IN SLAWJANSK ZUR OSZE-FESTNAHME

BERLIN/SLAWJANSK/DONEZK/AACHEN taz/dpa/rtr/afp | Seit Montag werden vier OSZE-Beobachter im Osten der Ukraine vermisst – jetzt ist klar, dass sie von prorussischen Separatisten in der Nähe der Stadt Slawjansk festgehalten werden. Sie sind Teil einer Beobachtergruppe, die internationale Vereinbarungen zur Deeskalation im Osten der Ukraine überwachen soll, und stammen aus der Schweiz, Dänemark, Estland und der Türkei.

„Wir haben sie festgenommen“, bestätigte am Donnerstag der selbst ernannte Bürgermeister und Rebellenkommandeur von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow: „Jetzt klären wir, wer sie sind, wohin und warum sie gefahren sind und lassen sie frei.“ Bedingungen und einen Zeitpunkt nannte er nicht. Der estnische Diplomat Tiit Matsulevits, der selbst an einem OSZE-Einsatz in der Ukraine teilnimmt, sagte hingegen, die Beobachter würden in der Region Lugansk festgehalten. Der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter verurteilte die Festnahmen als „Akte der Sabotage“ der internationalen Anstrengung zur Lösung der Ukrainekrise.

Die seit Wochenbeginn besonders intensiven Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Separatisten im Osten der Ukraine bleiben derweil unvermindert heftig. Beim Abschuss eines Hubschraubers der Regierungsstreitkräfte durch prorussische Separatisten nahe Slawjansk sind am Donnerstag 14 Soldaten ums Leben gekommen. Der noch amtierende ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow bestätigte, dass unter den Opfern der ukrainische General Sergei Kultschitzki sei. Er war nach Angaben der Agentur Interfax für die Ausbildung der Rekruten der Nationalgarde zuständig.

Die im Hubschrauber befindlichen Soldaten sollten an einer Truppenrotation teilnehmen und andere Kräfte im Kampfgebiet ersetzen, als sie von einem tragbaren Raketenwerfer abgeschossen wurden, der nach Turtschinows Angaben aus Russland kam. Ukrainische Truppen setzen derweil in Slawjansk und Kramatorsk weiter Kampfjets und Artillerie ein.

Seit April kommt es in den beiden Regionen Donezk und Lugansk immer wieder zu schweren Gefechten. Der am Sonntag gewählte neue Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, der voraussichtlich am 9. Juni vereidigt wird, hatte nach der Wahl verkündet, den strengen militärischen Kurs gegen die Separatisten im Osten fortführen zu wollen, um den Konflikt rasch zu beenden.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der am Donnerstag in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet worden ist, kritisierte in seiner Dankesrede Russland scharf für sein Vorgehen in der Ukraine und weiteren Staaten. Europa sei besorgt über die Lage in der Ukraine, in Georgien und der Republik Moldau. Der anwesende ukrainische Premierminister Arseni Jazenjuk äußerte sich ebenfalls kritisch, ohne Russland explizit zu nennen, und dankte Van Rompuy für seine Unterstützung. LJUBA NAMINOVA