ALTE MEISTER
: Das Floß der Iraker

In seiner delikaten Entsetzlichkeit ist diese Aufnahme eines sinkenden Flüchtlingsschiffes vor der australischen Weihnachtsinsel nur mit dem „Floß der Medusa“ von Théodore Géricault zu vergleichen. Wie auf dem großformatig großartigen Ölgemälde von 1819 sehen wir hier eine Gruppe von Schiffbrüchigen, die auf ihrem sinkenden Untersatz verzweifelt passiv den Elementen trotzen und auf Rettung hoffen. Bei Géricault ist diese Rettung eine Fregatte am Horizont, im Fall der irakischen Flüchtlinge liegt die Tragik in der Nähe zur Küste, von der aus dieses Foto gemacht worden ist. Beide Bilder zeigen eine Tragödie auf dem Scheitelpunkt des Grauens – gleich ist es vorbei, so oder so. Wobei das monströse Elend im modernen Foto weniger in der Katastrophe als in den unsichtbaren, aber doch wirksamen Umständen liegt, die Menschen dazu bringen, sich in eine solche Lage zu begeben. FRA

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