Grüne machen Lokalkarriere

Nach dem Wahltriumph in Tübingen hofft die Partei auch auf den OB-Posten in der Unistadt Heidelberg. Die Kandidatin Caja Thimm hat bei der Stichwahl am 12. November gute Chancen, sich gegen CDU-Kandidat Eckart Würzner durchzusetzen

VON MARTIN LANGEDER
UND CHRISTOPH GERKEN

Auf den ersten Blick sieht es in Heidelberg nach einem Duell Umwelt gegen Umwelt aus: Am Sonntag in einer Woche treffen bei der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt der amtierende Umweltbürgermeister Eckart Würzner und die Universitätsprofessorin und Grünen-Politikerin Caja Thimm aufeinander.

Würzner wird von der CDU, der FDP und den beiden Initiativen „Freie Wähler“ und „Heidelberger“ unterstützt. Der 44-jährige Doktor der Geografie ist seit 2001 Bürgermeister für Umwelt und Energie in der 143.000-Einwohner-Stadt. Auf seiner Homepage rühmt er sich mit einer stattlichen Bilanz „urgrüner“ Umweltschutzprojekte. Die 48-jährige Medienwissenschaftlerin Caja Thimm sitzt seit 1988 für die Grünen im Stadtrat.

Der erste Urnengang am 22. Oktober geriet zum Desaster für die regierende SPD. Nach 16 Jahren im Amt trat Oberbürgermeisterin Beate Weber nicht mehr zur Wahl an. Ihren Nachfolgekandidaten Jürgen Dieter, der aus Hessen „importiert“ wurde, wählten nur 12,8 Prozent. Bei einer dramatisch niedrigen Wahlbeteiligung von 46,1 Prozent kam Eckart Würzner auf 47,4 Prozent der Stimmen, Caja Thimm wurde von 33,6 Prozent gewählt. Und sie hat damit selbst im eigenen Lager für eine Überraschung gesorgt: Bisher kamen grüne OB-Kandidaten nie über fünf Prozent Zustimmung hinaus. Bei der Bundestagswahl 2005 hingegen erreichten die Grünen in Heidelberg immerhin 20 Prozent.

Doch um klassische Umweltthemen geht es im Wahlkampf nur am Rande. Die beiden Spitzenkandidaten streiten sich vor allem um die Finanzierung von Großprojekten wie der Nutzung des brach liegenden Geländes der sogenannten Bahnstadt im Stadtzentrum. Caja Thimm möchte dort auf Kosten der Stadt „bezahlbaren Wohnraum“ verwirklicht sehen. Eckart Würzner hält dies für „finanziell unrealistisch“ und will auch private Investoren mit ins Boot nehmen.

Während der 44-jährige Würzner darauf pocht, „parteiunabhängig“ zu sein, kann Thimm in der heißen Phase des Wahlkampfs auf die Unterstützung der SPD zählen. „Die inhaltli- chen Übereinstimmungen waren bei Frau Thimm viel stärker gegeben“, begründet Alexander Lucas von der Heidelberger SPD den Wahlaufruf. Anderes war auch nicht zu erwarten. Wäh- rend der frisch gewählte Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer grün-schwarze Allianzen schmiedete, ist Caja Thimm klar dem linken Flügel der Grünen zuzurechnen.

Nach dem Wahltriumph von Boris Palmer in Tübingen rechnet die grüne Bundesspitze nun mit einem weiteren Oberbürgermeisteramt in Baden-Württemberg: „Man muss ja nur die Stimmen jener Kandidaten addieren, die im zweiten Wahlgang nicht mehr antreten werden – da stehen die Chancen für uns sehr gut“, sagte Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, der taz. Auch die Unistädte Freiburg und Konstanz werden bereits von grünen Oberbürgermeistern regiert.